Nielsen, Susin
Medium der interaktiven Leseförderung Antolin Adresse unbekannt
Buch

Nielsen wurde schon als John Green Kanadas bezeichnet. Danke für diese letzte Pointe, danke für die Treffsicherheit der Formulierung, mit der Sie hier gängige Mechanismen der Literaturkritik mit erfrischender Selbstironie entlarven. Schon zuvor haben wir uns an Ihrer Gabe erfreut, das Innere ihrer Figuren Schicht um Schicht freizulegen, ohne sie jemals bloßzustellen. Danke auch für Ihre ebenso scharfsinnige wie humorvolle Schilderung einer Welt, in der man schnell ins gesellschaftliche Abseits geraten kann. Wie rasch das gehen kann, erleben der Ich-Erzähler Felix und seine Mutter Astrid, die seit vier Monaten keine Wohnung mehr haben, sondern in einem VW-Bus hausen. Wie es sich anfühlt, obdachlos zu sein, kein Badezimmer zu haben, keine Küche, auch kein eigenes Zimmer, was für einen Teenager vielleicht das Schlimmste ist, macht Susin Nielsen nachfühlbar. Es ist vor allem das Gefühl der Scham, das Felix zu schaffen macht: Sich Tag für Tag zu schämen, weil man seine Notdurft irgendwo im Freien, den Blicken ausgeliefert mitten in der Stadt verrichten muss oder weil man stinkt, weil man lange nicht geduscht hat und die Klamotten nicht gewaschen wurden. Und nicht zu vergessen die Scham, weil man seinem besten Freund und einem merkwürdigen Mädchen mit verstecktem Potenzial, zur besten Freundin zu werden, nicht die Wahrheit sagen kann. Mit viel Feingefühl und eben Humor, aber das wissen wir ja schon, schildert Nielsen, wie der Sohn nach und nach erkennt, dass er Verantwortung übernehmen muss, weil seine Mutter es nicht tut, vielleicht nicht tun kann. Ist sie schuld an dieser Situation oder sind es die schlechten Erfahrungen, die sie machen musste? Ist es gerechtfertigt, dass sie lügt und Dinge stiehlt? Felix jedenfalls will sich von der Tatsache, dass seine Mutter alle Jobs verliert (und alle Männer auch, aber das steht auf einem anderen Blatt) und von einer KRISE in die nächste schlittert, nicht länger den Boden unter den Füßen wegziehen lassen ; und entwickelt einen Plan, wie er sich und seiner Mutter wieder eine Wohnung beschaffen kann. Dass dieser Plan seine Tücken hat, ist ein weiterer Beleg für Nielsens realistische Schilderung, die aber gerade wegen dieser Realitätsnähe Mut macht, so wie Felix seines Glückes Schmied zu werden: einfallsreich, beharrlich und jede Hilfe annehmend. Und mit Humor, natürlich!


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Personen: Nielsen, Susin

Schlagwörter: Antolin Klasse-6

Interessenkreis: Familie

Nielsen, Susin:
Adresse unbekannt
Stuttgart: Urachhaus. 2020
Altersempfehlung: ab 12 J.

Zugangsnummer: E-2022/0015 - Barcode: M631874991
Familie - Signatur: Familie Niel - Buch