Vollmondnacht, dunkler Wald. Im Vordergrund ragen die strahlend weißen Stämme von Birken in die Szenerie, tiefes Schwarz markiert den Hintergrund. Zwei Wölfe sind unterwegs, Vater und Sohn, der Kleine schreitet mutig voran, der Große tappt bang um sich schauend hinterher. „Mach dir keine Sorgen, Papa, ich bin doch bei dir. Wie gut: ein Sohn, der nie Angst hat‹, sagt Großer Wolf.“ Jan De Kinder arrangiert einen vergnüglichen Rollentausch, der weit über die Angst-Thematik hinausgeht. Im Text fokussiert der belgische Bilderbuchmacher auf pointierte Dialoge, während er in den Illustrationen eine kraftvolle Bildlichkeit eröffnet. Hier wird gemalt, gezeichnet, gestempelt und gedruckt. Schwarz wird auf grau-beige farbigem Naturpapier mit Blau, Grün, Gelb sowie Rot kontrastiert. So stilisiert der Künstler zwei starke Charaktere mit Identifikationspotential und forciert damit leicht zugängliche Gesprächsanlässe. Der Spannungsbogen wird angenehm lange gedehnt – bis den Großen aller Mut verlässt! Auf die Handlung rund um die beiden Wölfe folgt am Ende eine Begegnung mit einer Rotkäppchenfigur (an diesem Punkt hatte ich es nicht mehr erwartet) und eine so witzige wie tiefsinnige Pointe. Die Angst des Großen Wolfes bekommt rückwirkend eine zweite Lesart: Der Wald wird zum Märchenwald sowie zur Metapher für etwas Belastendes aus der Vergangenheit. Ob dieses Früher auf die „Märchenvergangenheit“ bzw. Genese der Wolfsfigur anspielt oder schlicht ein Davor, vor der Zeit des Kleinen Wolfes, meint, bleibt unausgesprochen. Klar und deutlich tritt währenddessen die kindliche Fähigkeit, im Jetzt zu sein, hervor, der Mut des Kindes wird zum Spiegel für erwachsenes „Davonlaufen“ vor der eigenen Vergangenheit. Bilderbuchlektüre zum Vertiefen!

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Personen: De Kinder, Jan Schweikart, Eva

Schlagwörter: Antolin Klasse-2