Zusak, Markus
Die Bücherdiebin
Buch

Den besten Stoff geben allemal die Bücher her, ein Buch über Bücher ist also automatisch voll beladen mit Stoff, Gedanken und Abenteuern. Das höchste Abenteuer freilich ist der Tod. Dieser ist im gewissen Sinn ein Büchersammler, weil er die Menschen der Reihe nach aus dem Regal des Lebens holt und auf seine Art fertig liest und quasi fertig macht. Jeder Mensch geht nämlich als Buch durch die Welt und ist dadurch einmalig und einzigartig wie ein Buch. Zusammengehalten wird die Geschichte über die Büchermenschen von der neunjährigen Liesl, die 1939 am Grab ihres Bruders steht. Um die Ungeheuerlichkeit des Todes, den Wahnsinn der Zeit und die Zähigkeit des Lebens zu begreifen, stiehlt sie Bücher, die sie auf eine seltsame Art über Wasser halten. So kann das Handbuch des Totengräbers zwar nichts verändern, aber der rituelle Umgang der Totengräber mit den Verstorbenen eröffnet Gedankengänge, die zumindest den Augenblick überdauern. Das Unheil der Nazi-Zeit wird einerseits durch Bücher dokumentiert, die Liesl "stiehlt", andererseits sind die Bücher von einer solchen Kraft, dass daraus die Zeitgeschichte plastisch hervortritt. Der Vernichtungsgang der Juden nach Dachau beispielsweise ist für Liesl real sichtbar, aber durch die Bücher, die sie hinterlassen müssen, wird die Geschichte zeitlos. Liesl lernt durch "zusammen gestohlene" Bücher Abläufe der Geschichte, Unglück der Menschen und ihre Suche nach einem Lebenssinn kennen. Dabei werden die Fakten oft aufgelistet wie ein Spickzettel für eine imaginäre Prüfung. "Einige Tatsachen über Stalingrad: / 1942 und Anfang 1943 war der Himmel in dieser Stadt jeden Morgen so weiß wie ein gebleichtes Bettlaken. / Den ganzen Morgen lang, während ich die Seelen davontrug, wurde dieses Laken mit Blut besudelt, bis es sich - vollgesogen - zur Erde niederwölbte. / Abends wurde es ausgewrungen und wieder gebleicht, bereit für den nächsten Tag. / Und das war, als die Schlachten lediglich bei Tage ausgetragen wurden." (119) So gibt sich der Tod als ein Poet des Schreckens. Die Textstellen erinnern an die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, als die Poesie als Tod über das Land gezogen ist. Markus Zusaks Roman ist ein einprägsamer Versuch, das Unfassbare in klaren Worten darzustellen. Dabei spielen Kindheit, Tod und Poesie hinter dem Vorhang einer brutalen Zeitgeschichte die Hauptrolle. "Die Bücherdiebin" ist eine Hommage an die Zeitlosigkeit der Bücher und die Unsterblichkeit ihrer Leser. *Helmuth Schönauer*


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.

Personen: Zusak, Markus

Zusak

Zusak, Markus:
¬Die¬ Bücherdiebin / Markus Zusak. Aus dem Engl. von Alexandra Ernst. - München : cbt, 2009. - 587 S. : Ill.
ISBN 978-3-570-30627-7 kart. : ca. Eur 10,30

Zugangsnummer: 2010/0161 - Barcode: 208100021301
Schöne Literatur - Buch