"Ich war vier Jahre, als ich das erste Mal von zu Hause fortlief. Ich kann mich nicht daran erinnern, doch mir wurde diese Geschichte immer wieder und von verschiedenen Seiten auf sehr widersprüchliche Weise kolportiert." So beginnt der (auto)-biographische Roman einer Autorin, dessen Vater ehemals stellvertretender Kulturminister der DDR war und deren ältere Brüder als Autoren und Theatermacher mehr oder weniger erfolgreich waren. Dass die Geschichte widersprüchlich kolportiert wurde, verwundert nicht: Alle Mitglieder der Familie sind starke und widerständige Charaktere, einige sind loyal zum DDR-System bis zur Selbstaufgabe, andere in permanente Rebellion verstrickt, gegeneinander und gegen Vater Staat. Nur der Jüngste, der Ich-Erzählerin, scheint das Politische wenig bedeutsam zu sein, zu jung ist sie noch, zu sehr mit dem eigenen Heranwachsen beschäftigt. So erlebt sie einerseits eine "typische" Jugend in der DDR, zugleich aber auch außergewöhnliche Möglichkeiten und Freiheiten durch die politische Position des Vaters. Dieser Vater ist der Dreh- und Angelpunkt der Familie - schwer fassbar, schwer (be)greifbar. Und er scheint in seinen Kindern ebenso viele zwiespältige Gefühle von Liebe und Hass hervorzurufen wie die DDR selbst. Die Autorin zeigt in einem lakonischen, unprätentiösen Stil die Geschichte ihrer Familie; sie verzichtet auf Pathos ebenso wie auf Anklage. Gerade die Distanz zu ihren Figuren bringt uns diese näher, lässt die Brüche und das Drama dieser Familie deutlich werden. *LHW.Lesen.Hören.Wissen* Margot Schwienbacher

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Personen: Brasch, Marion