Chargaff, Erwin
Stimmen im Labyrinth drei Dialoge über die Natur und ihre Erforschung ; mit e. Nachwort v. B. Müller-Hill u. e. Portrait v. Peter S. Jungk
Buch

Das anspruchsvolle Werk ist in vier, in Dialogform gehaltene Teile gegliedert. "Amphisbaena", "Ouroboros" und "Chimaera", deren drei erste, bezeichnen Schlangenunge-heuer, die der griechischen Mythologie entstammen. Bereits die Titel verweisen auf den huma-nistisch wissenschaftskritischen Ansatz, dem der Autor zeitlebens verpflichtet war. Auch im letz-ten Abschnitt, "Epilog im Labyrinth" betitelt, geht es um die in vielen Facetten vorgebrachte, stets präzise und eloquent formulierte Wissenschaftskritik. Chargaffs Grundthema ist Wissen-schaft, die Naturwissenschaft im Speziellen. Davon ausgehend werden jedoch auch zahlreiche andere Gebiete gestreift - Gott und Religion, das Leben an sich, Zitate aus Philosophie und Literatur werden herangezogen, um vor allem Überzeugungen zu vermitteln. Chargaff geht es nicht darum, einen weiteren Beitrag über Genialität und Größe der Wissen-schaft vorzulegen. Vielmehr wird dem Leser etwas Zweifelhaftes über die Umgangsformen der heutigen Wissenschaft dargelegt. Als "eine Zeit, in der alles Neue wahr ist" (S. 15), bezeichnet Chargaff die ihm folgende Generation, als "bestialisches Jahrhundert" (S. 52) seine Epoche. Er kritisiert die verloren gegangene Leidenschaft in der Forschung, an deren Stelle Ehrgeiz getre-ten sei. "Wissen ist Macht". (…) "Und Macht ist, woran wir ersticken", postuliert der Autor an anderer Stelle sarkastisch (S. 54). Das Buch zeigt auf, dass sich Wissenschaft verändert, und wie sie dies tut. Im letzten Kapitel wird das besonders deutlich, indem auf den unglaublich schnellen wissenschaftlichen Fortschritt und den damit einher gehenden "Verlust des Wirklichkeitssinnes" verwiesen wird. Alles erdenk-lich Mögliche auch umzusetzen, sei, so Chargaff, die "Maxime des Teufels"(S. 105) Ein Geist, der mit der Aufklärung seinen Anfang genommen habe. Den Abschluss bildet ein Gespräch zwischen Minotaurus und Ariadne, in dem Gegensätze über das Wesen der Naturwissenschaften diametral aufeinander prallen. Erwin Chargaff steht den Naturwissenschaften, insbesondere der Molekularbiologie, überaus kritisch gegenüber. Die griechischen Monster setzt er als Symbole für die heutigen Naturwis-senschaften. Seine Dialoge sind intelligent, von einem hohen ethischen Anspruch getragen. "Stimmen im Labyrinth" muss nicht unbedingt in Kenntnis des aktuellen naturwissenschaftliche Diskurses gelesen werden. Vielmehr geht es um Grundsätzliches: Wie gehen wir heute mit der Natur um? Hilft uns die Wissenschaft in unserem Verständnis von Leben, oder zerstört sie es? Und was ist Leben, ist Leben noch natürlich? Fragen, über die nachzudenken sich lohnt. Während das Nachwort zentrale naturwissenschaftliche Begriffe auch für Laien zugänglich macht, zeichnet Peter S. Jungk in seinem Portrait Konturen der Persönlichkeit Erwin Chargaffs nach. Als "durchaus altmodisches Beispiel eines Forschers" sei ihm, Chargaff, letztlich "die Sprache [die] einzige Heimat" gewesen. Dies belegt nachdrücklich auch dieser Band. B. B. Weitere Informationen über ProZukunft finden Sie unter www.jungk-bibliothek.at/prozukunft


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Personen: Chargaff, Erwin

Chargaff, Erwin:
Stimmen im Labyrinth : drei Dialoge über die Natur und ihre Erforschung ; mit e. Nachwort v. B. Müller-Hill u. e. Portrait v. Peter S. Jungk / Erwin Chargaff. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2003. - 136 S.
ISBN 978-3-608-93580-6 € 13,40

Zugangsnummer: 2022/0584 - Barcode: 00008807
Botanik - Signatur: NF Charg - Buch