Raisin, Ross
Schöne Gegend Roman
Buch

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html); Autor: Anita Ruckerbauer; Eine ebenso beklemmende wie fesselnde Charakterstudie über einen jungen Außenseiter - für Jugendliche ab 16. (DR) Der 19-jährige Sam flog nach einer Anklage wegen sexueller Belästigung von der Schule. Seither bewirtschaftet er mit den Eltern eine Schaffarm in den Yorkshire Moors. Von der Dorfgemeinschaft bestenfalls geduldet, hält er sich von Gleichaltrigen fern. Am liebsten ist Sam in den Moors unterwegs, mit einem Hundewelpen, für den er bald tiefere Gefühle entwickelt als zu jedem Menschen. Die gesamte "schöne Gegend" (im Original "God's own country") wird zunehmend von Touristen entdeckt und es findet ein Ausverkauf von Land und Einrichtungen statt. Eigentlich ist es Sam egal, dass das heruntergekommene Pub einem schicken Restaurant weichen soll, aber alles, was seinen Hass auf die Gesellschaft schüren kann, wird von dem Eigenbrötler interessiert aufgenommen. Besonders zuwider sind ihm die Stadtmenschen. Auch bei seinen Eltern findet Sam keinen Rückhalt. Der Vater ist wortkarg und unberechenbar; sein täglicher Kampf um den Erhalt des Hofes macht ihn nicht umgänglicher. Seine Aggression und latente Gewaltbereitschaft verhindern, dass Sam sich mit ihm solidarisieren könnte. Die Mutter leidet unter der Familiensituation und damit auch unter ihrer eigenen Isolation, beschränkt sich aber letztlich darauf, jede Verantwortung für Sams Verhalten von sich zu weisen: "Janet sagt, dass ich keine Schuld habe, ich hätte nix anders machen können. Wahrscheinlich bist du verkehrt rum rausgekommen." Da beginnt sich das 15-jährige, aus der Stadt zugezogene Nachbarmädchen Josephine für Sam zu interessieren. Aus einer Mischung aus pubertärer Rebellion und naiver Sozialromantik heraus schätzt sie Sam völlig falsch ein. Nach einem nichtigen Streit mit ihrer Mutter überredet sie Sam, mit ihr von zuhause abzuhauen. Während sich bei Josephine allmähliche Ernüchterung einstellt, nimmt Sam seine Rolle sehr ernst, er schreckt weder vor Raubzügen noch körperlicher Gewalt zurück und in letzter Konsequenz kann er auch nicht akzeptieren, dass Josephine ihr kleines Abenteuer beenden will. Der junge britische Autor Ross Raisin hat es gewagt, seiner Leserschaft einen Helden zu präsentieren, der so ganz und gar nicht zur Identifikation und schon gar nicht zum Vorbild taugt, bestenfalls empfindet man Mitleid mit ihm. Da die Geschichte ausschließlich aus der Sicht des jungen Sam erzählt wird, erhält der Leser auch keine Chance, einen anderen Standpunkt einzunehmen. Und so bleibt es eine unglaublich intensive, aber auch verstörende Geschichte, nicht zuletzt wegen der reduzierten Sprache und der genauen Milieuschilderung stimmig bis ins letzte Detail. Spätestens ab der Mitte des Buches wird klar, dass hier viel zu gekonnt und echt erzählt wird, um die Geschichte mit einer Läuterung am Ende ins Unglaubwürdige abdriften zu lassen. Genau das aber macht den Roman zu einem schwierigen Stoff für junge LeserInnen, dafür aber umso wertvoller für Erwachsene, die es noch nicht aufgegeben haben, sich mit der Welt der Jugendlichen auseinanderzusetzen. Denn Sam ist zwar sicher kein Paradebeispiel für die "Jugend von heute", aber junge Menschen wie ihn gibt es - auch außerhalb von Yorkshire.


Rezension


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Personen: Raisin, Ross Müller, Wolfgang

Raisin, Ross:
Schöne Gegend : Roman / Ross Raisin. Aus dem Engl. von Wolfgang Müller. - München : Blessing, 2009. - 318 S.
ISBN 978-3-89667-408-1

Zugangsnummer: 15205
Krimi / Thriller - Signatur: Krimi Rai - Buch