Enquist, Per Olov
Das Buch von Blanche und Marie Roman
Belletristik

Raffiniertes Gewebe aus Fiktion und Realität. (DR) So viel steht fest: Die beiden Protagonistinnen haben tatsächlich gelebt - Marie Curie, die Nobelpreisträgerin, die sich mit der Entdeckung des Radiums befasste, und Blanche Wittman, die außergewöhnliche Patientin des berühmten Pariser Arztes Jean-Martin Charcot. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erforschte dieser die weibliche Psyche, indem er an seiner Klinik Salpêtrière Frauen in Trance versetzte - an diesen öffentlichen Séancen hat übrigens auch Sigmund Freud teilgenommen. Aus dem historischen Tatsachenmaterial hat der Autor einen etwas episodenhaft anmutenden Roman komponiert. Enquist lässt Blanche nach ihrer Karriere als "Königin der Hysterie" als Assistentin bei Marie arbeiten. Durch die schädliche radioaktive Strahlung verliert Blanche beide Beine und einen Arm. Als "lebender Torso" beginnt sie das "Fragebuch" zu schreiben und setzt sich darin mit den Varianten der menschlichen Unvollkommenheit, aber vor allem mit dem Phänomen der Liebe auseinander. Auffällig sind zwei Leitmotive: Amputationen an Leib und Seele sowie das "Leuchten", zum Beispiel des neu entdeckten Elements Radium, der Hysterikerin Blanche bei ihren publikumswirksamen Vorstellungen und schließlich in wenigen Sternstunden einer Beziehung. Enquist malt mit großem Aufwand eine eigenartige Atmosphäre mit Sogwirkung. Manche poetischen Bilder sind durchaus geglückt und wirken berührend, aber im Verlauf des Romans wird die Sprache immer pathetischer. Dennoch eine interessante Lektüre über die Anfänge der Neurologie und ein außergewöhnliches Zeit- und Sittengemälde.


Rezension


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Personen: Enquist, Per Olov

Enquist, Per Olov:
¬Das¬ Buch von Blanche und Marie : Roman / Per Olov Enquist. - München : Hanser, 2005. - 236 S. - Aus dem Schwed. von Wolfgang Butt
ISBN 978-3-446-20569-7 fest geb. : ca. EUR 20,50

Zugangsnummer: 0015128001 - Barcode: 10129913
DR - Signatur: DR Enq - Belletristik