Wahl, Mats
Der Unsichtbare
Buch

Annotation: Eine raffiniert erzählte und emotional herausfordernde Geschichte über die Aufklärung eines Verbrechens. Rezension: Mats Wahl beginnt mit einem Kunstgriff und endet mit einer verzichtbaren pathetischen Geste. Dazwischen liegt die penibel recherchierte Geschichte eines Verbrechens. Kommissar Harald Fors wird in eine kleine Stadt irgendwo "da oben" gerufen, um das Verschwinden von Hilmer Eriksson aufzuklären. Und während beinahe in Echtzeit mitverfolgt werden kann, wie Harald Fors Indizien aneinander reiht, begleitet das Opfer selbst die Geschichte als Ich-Erzähler. Einen "Unsichtbaren" nennt Mats Wahl ihn, einen jener, die "neben uns herwanken und flüsternd von ihrem manchmal ungelebten Leben" erzählen. Hilmer Eriksson hat keine Erinnerung an Personen und Geschehnisse. Zwei Tage lang begleitet er als Unsichtbarer Harald Fors und muss seinerseits erst mühsam rekonstruieren, was passiert ist; auch er braucht dazu Anhaltspunkte, Orte und Gegenstände des Wiedererkennens. Er wird niemals zur Identifikationsfigur, verstärkt eher die notwendige Distanz zum Geschehen. In seiner Wahl als Ich liegt die ungeschnittene Beobachtung der Ermittlung begründet. Nicht was Harald Fors denkt kommt zur Sprache, sondern nur was er äußert. Den Mehranteil der Erzählung machen daher Befragungen aus, ungekürzt und ohne Einleitungsformel wiedergegebene Dialoge. Die finale Befragung ist jene der Hauptverdächtigen Annelie Tullgren. Recht bald hat sich der Täterkreis eingeengt auf eine Gruppe jugendlicher Neonazis, die seit mehreren Jahren in Hilmer Erikssons Schule tätig sind und deren Aktivitäten von Seiten der Eltern und Lehrer entweder verharmlost oder stillgeschwiegen wurden. Mit seiner Figur der Annelie Tullgren geht Mats Wahl weit über die übliche jugendliterarische Darstellung der Genese rechtsradikal motivierter Gewalt hinaus: "Ich töte, wen ich will!" gibt Annelie Tullgren beim Verhör trotzig zu Protokoll. Das Erschrecken über ihre Kaltschnäuzigkeit inkludiert das Erschrecken darüber, dass Menschen, für die gesetzliche und moralische Grenzen nicht gelten, letztlich nicht beizukommen ist. Annelie Tullgren wird anhand von Indizien überführt (werden). Und doch bleibt der bittere Nachgeschmack und die hilflose Wut darüber zurück, dass Annelie Tullgren, die tut, was sie will und keine Regeln des Miteinander akzeptiert, uns immer ein Stück voraus sein wird. Lesetipp *ag* Heidi Lexe


Rezension


Dieses Medium ist verfügbar.

Personen: Wahl, Mats Kutsch, Angelika

Schlagwörter: Krimi Rechtsradikalismus Gewalt

Wahl, Mats:
¬Der¬ Unsichtbare / Mats Wahl. - München-Wien : Hanser, 2001. - 192 S. - a.d.Schwed.
ISBN 978-3-446-20045-6

Zugangsnummer: 165
Erzählungen - Signatur: JE Wah - Buch