Genazino, Wilhelm
Das Glück in glücksfernen Zeiten Roman
Buch

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html); Autor: Fritz Popp; Mehr als eine normale Midlifecrisis: Leben als Zwangsabonnement. (DR) Genazinos Protagonist - wie immer ein Mann und Antiheld: 41 Jahre alt, promovierter Philosoph mit dem sprechenden Namen Warlich, sich in einer Wäscherei vom Ausfahrer zum Filialleiter hochgearbeitet hat. Außerdem lebt er mit einer toughen Sparkassenfilialleiterin zusammen. So weit, so gut. Aber Frau will ein Kind und dabei hat Warlich seine eigene Kindheit noch nicht "verarbeitet". Ständig erinnert er sich an seine toten Eltern. Das Thema Scham spielt dabei eine große Rolle. Gefühle, die ihn ständig begleiten, sind Kläglichkeit und Kompliziertheit. Was ihn glücklich macht: Menschen zu beobachten, Worte wie "Fremdkompliziertheit" zu produzieren, Vergänglichkeitsprozesse zu beobachten - etwa seiner Hose auf dem Balkon beim Verwittern zuzusehen. Außerdem würde er gerne eine Schule der Besänftigung aufmachen. Das klingt so gar nicht nach einem unternehmerischen Typen. Und als ihm sein Arbeitsplatz gekündigt wird - wegen der zufälligen Anwesenheit bei einer anarchistischen Demo, allerdings in der Dienstzeit - wird seine Grundschwierigkeit, dass er selbst der Austragungsort seines Lebens ist, nicht kleiner. Seine verzweifelte Lebensgefährtin setzt einen radikalen Schritt, der ihm helfen soll, der hier aber nicht verraten wird. - Wie immer virtuos und eindringlich erzählt, ein Buch über einen seltsamen Mann und seine ebenso seltsamen Wahrnehmungen und Wirklichkeitsverweigerungen. Für Genazino-Fans und FreundInnen außergewöhnlicher Beobachtungen und Formulierungen. ---- Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp); Autor: Brigitte Ambach; In seinem neuen Roman erzählt W. Genazino wieder die Geschichte eines skurrilen, melancholischen Mannes. Genazino, ein gern gelesener Autor, kann auch mit diesem Roman an seine bisherigen Erfolge anknüpfen. Zu seiner Popularität beigetragen, hat sicher auch der Büchnerpreis, der ihm 2004 verliehen wurde. Auf 158 Seiten begegnet der Leser einem wunderlichen Außenseiter, hier ein promovierter Philosoph, der als Organisationsleiter halbtags in einer Großwäscherei tätig ist, und der mit Traudl, einer Bankangestellten, lebt. Als sie im sagt, sie will ein Kind, gerät Gerhard völlig aus der Spur. Vielleicht ja deshalb, weil er bereits einige Niederlagen hat hinnehmen müssen, nämlich nicht einen Job zu haben, der seiner Ausbildung entspricht. Genazino wählt die Ich-Perspektive, um das innere Erleben der männlichen Figur besser in den Mittelpunkt zu stellen. Der Protagonist erfreut sich an Dingen, die andere gar nicht erkennen, so zum Beispiel fühlt er sich glücklich, als er ein Mädchen beim Kämmen ihres Hundes beobachtet oder ein Stück vertrocknete Torte auf einem Autodach entdeckt. Angesichts solcher Begebenheiten muss der Leser einerseits mehrmals lächeln, andererseits ahnt er, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen kann. Überhaupt geben sich die Genazinos Figuren vielfach Beobachtungen hin, lassen sich treiben, sind labile Menschen, die im Alltag nur einigermaßen zurechtkommen und sich nicht anstrengen, um ihre Situation zu verändern. Als Leser möchte man manchmal gern ins Geschehen eingreifen und eine Wende herbeiführen. Gerhard triftet immer mehr ab, vernachlässigt seinen Job, bis er entlassen wird und Traudl bringt ihn schließlich in die Psychiatrie, weil seine Verwirrtheit seltsame Formen annimmt, z. B erscheint er nach dem Duschen im Wintermantel bei Tisch. In der geschützten Atmosphäre der geschlossenen Anstalt fühlt er sich wohl, erlebt sogar kurze Momente des Glücks. "Das Glück in glücksfernen Zeiten" ist ein faszinierender Roman, der dem Alltäglichen und auf der Spur ist. Lesenswert!


Rezension


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Personen: Genazino, Wilhelm

Genazino, Wilhelm:
¬Das¬ Glück in glücksfernen Zeiten : Roman / Wilhelm Genazino. - München : Hanser, 2009. - 157 S.
ISBN 978-3-446-23265-5

Zugangsnummer: 759
Romane, Krimis, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Gen - Buch