Schneider, Gerd
Kafkas Puppe
Buch

Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/); Autor: Marlene Zöhrer; Rezension: Bereits zu Beginn des Kafka-Jahres 2008, in dem der 125. Geburtstag des Dichters gefeiert wird, liegen zwei Titel vor, die versuchen Franz Kafka auch jungen LeserInnen näherzubringen. Beide Texte greifen ein Ereignis auf, das sich wenige Monate vor dem Tod Kafkas in Berlin ereignet hat: "Eines Tages trafen wir ein kleines Mädchen, das weinte und ganz verzweifelt zu sein schien [] Franz fragte es nach seinem Kummer und wir erfuhren, dass es seine Puppe verloren hatte. Sofort erfindet er eine plausible Geschichte, um dieses Verschwinden zu erklären", erinnert sich Dora Diamant, die damalige Lebensgefährtin des Schriftstellers. Kafka erzählt dem Mädchen, seine Puppe sei auf Reisen gegangen; um es aufzuheitern schreibt er ihm Briefe im Namen des Spielzeugs. Diese Briefe, aus dem Jahr 1923, sind bis heute unauffindbar. Genau an diesem Punkt setzen die Autoren Gerd Schneider und Alfons Schweiggert an: Beide füllen die Lücke an belegbarem Material mit erdachten Geschichten. So entsteht in beiden Fällen eine Mischung aus Fakt und Fiktion, biografischen und fiktionalen Elementen. Nicht nur im jeweiligen Nachwort der zwei Bücher erfahren wir etwas über den Dichter und dessen Lebensumstände; beide greifen das literarische Werk Kafkas auf, spielen an, verweisen, zitieren. Im Fall von Schweiggert werden mehrere Passagen wörtlich in die Erzählung übernommen und durch einen vom Erzähltext abweichenden Schrifttyp gekennzeichnet. Ein Verfahren, das in jedem der Bücher auch zur Markierung der Puppenbriefe verwendet wird. Insgesamt zeichnen sich beide Titel durch eine hochwertige und sorgfältige Ausstattung aus. Diese Sorgfalt würde man sich - bei dem einen wie bei dem anderen - auch bei der Korrektur wünschen. Neben all den Gemeinsamkeiten weisen die beiden Bücher natürlich auch deutliche Unterschiede auf, die von der Wahl der Textsorte und Zielgruppe über die Sprache bis hin zur inhaltlichen Gestaltung reichen. Schweiggert wählt die Form der Erzählung; sein Text ist von Klaus Eberlein illustriert. Es sind in erster Linie die erwachsenen (Mit)-LeserInnen, die hier angesprochen werden, wobei sich der Text, bei entsprechender Vermittlung, durchaus zum Vorlesen eignen kann. Schneiders Roman richtet sich an Jugendliche und findet den richtigen Ton für seine AdressatInnen. Vieles, was in der Erzählung, schon aufgrund der nötigen Kürze, offenbleibt - etwa wie es möglich ist, dass ein kleines Mädchen Tag für Tag alleine in den Park kommen kann, um sich von einem Fremden Briefe vorlesen zu lassen - wird in Schneiders Text plausibel erklärt. Auch endet "Kafkas Puppe" nicht mit dem Tod Kafkas; Schneider spinnt die Geschichte um das kleine Mädchen weiter, lässt die einzelnen Handlungsstränge noch einmal in einem letzten Kapitel, das 1943 in Theresienstadt spielt, zusammenlaufen. Wie zuvor stellt er die persönliche Geschichte Franz Kafkas und seiner Lebensgefährtin Dora Diamant in einen größeren historischen Kontext, greift Zeitgeschichtliches auf. Wieder werden Fakten mit fiktionalen Elementen verwoben, über Einzelschicksale auf das Schicksal Vieler verwiesen.


Rezension


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Personen: Schneider, Gerd

Schlagwörter: Mädchen Jugendroman Berlin Erzählung Franz Puppe Trost Verlust Jugendbuch

Schneider, Gerd:
Kafkas Puppe / Gerd Schneider. - 1. Aufl. - Würzburg : Arena, 2008. - 224 S.
ISBN 978-3-401-06081-1

Zugangsnummer: 34
Erzählungen und Romane - Signatur: JE Schn - Buch