Ein Bildband zu Reisen mit Karl-Markus Gauß. (GS) Nach dem Bildband "Die unbekannten Europäer" (2002) - Fotografien zu Reisen, von denen Karl-Markus Gauß in "Die sterbenden Europäer" (2001) berichtete - legt Kurt Kaindl in bewährter Weise jetzt einen weiteren vor: "Der Rand der Mitte" ergänzt nunmehr die Reportagebände "Die Hundeesser von Svinia" (2004) und "Die versprengten Deutschen" (2005) von Karl-Markus Gauß in eigener Bildsprache und zeigt darüber hinaus auch Fotos von anderen Reisen. Die einführenden Texte stammen von Karl-Markus Gauß. Kaindls Fotos und Gauß' Reportagen verhalten sich nicht zueinander wie das Buch zum Film, Kaindl illustriert nicht einfach Gauß' Reisefeuilletons, wie auch Gauß in Kaindls Bildband nicht schlicht die Fotos kommentiert. Sie sind vielmehr Gefährten derselben gemeinsamen Reisen. Kongruenzen freilich nicht ausgeschlossen: Während Gauß etwa feststellt, dass die letzten Reste jener versprengten Völker, die sie besuchten, zum einen kaum noch oder gar nicht mehr ihre eigene Sprache sprechen, zum anderen aber an dieser geradezu als einziges Identitätsmerkmal beharrlich festhalten, bleibt doch tatsächlich die alte Generation der nach Schweden eingewanderten Assyrer in Kaindls Fotos stumm; die Jungen hingegen, die ihre Herkunft wiederentdeckten, artikulieren sich gestenreich und vor dem Lexikographen liegt das assyrisch-schwedische Wörterbuch. Die Tataren posieren bloß. Gauß schreibt: "Tatarisch konnte keiner mehr." Oder er bemerkt, dass sich selbst die Vereinsfunktionäre der Zipser Deutschen "schon häufiger auf Slowakisch als auf Deutsch" unterhielten. Dazu auf einem Foto von Kaindl ein Geweih, darunter der Anschlag zur Volkszählung "Ich bin stolz auf meine Herkunft. Bekenne Dich zu deiner Identität". Bei den Schwarzmeerdeutschen schließlich - und das nach einer beklemmenden Fotostrecke zu den Underdogs unter den Roma - war es dann "so traurig wie nirgendwo". Dennoch: das letzte Bild von Kurt Kaindl - Hochzeitsfotografen in Odessa.

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Personen: Kaindl, Kurt Gauß, Karl-Markus