McNeill, Malcolm
Der Wald der träumenden Geschichten
Buch

Opulent-düstere Fantasygeschichte, die trotz interessantem Plot und gekonntem Erzählstil ihr Zielpublikum verfehlt. (ab 12) (JE) "Schnapp! Schnapp! Schnapp!" machen die Zähnchen des auf mysteriöse Weise in die Welt getretenen Säuglings Max. Eines Tages wird er splitterfasernackt im Bücherregal eines Londoner Antiquariats gefunden und in ein Waisenhaus gebracht, wo das koboldartige Wesen keinerlei Zuneigung erfährt. Endlich erscheint ein freundliches Paar, das den seltsamen Kleinen adoptiert. Gleichzeitig setzt "Das Verschwinden" ein, tausende Menschen (allerdings nur Erwachsene!) lösen sich plötzlich in Luft auf. Während Max älter wird, sich vom Lesemuffel zum leidenschaftlichen Bücherfreund fantastischer Geschichten entwickelt und seine richtigen "immerwährenden" Eltern zu finden hofft, versucht ein Mann namens Boris das geheimnisvolle Rätsel des Verschwindens zu lösen. Unterstützt wird er dabei von Mrs. Jeffers, einer lichtscheuen, dem Waldvolk entstammenden alten Dame, dem wandelbaren Porterholse - Riese, Saturn und Literaturkritiker in einer Gestalt - und anderen merkwürdigen Wesen. Als Max' Ersatzeltern ebenfalls Opfer des Verschwindens werden, wird der inzwischen Zwölfjährige vom alten London aus in eine schaurige Parallelwelt geschickt. Im "Wald des Anfangs" soll er als letzter Drachenjäger die Wahrheit über seine Herkunft und das Verschwinden herausfinden. Ohne die Hilfe des aufgeweckten Geistermädchens Martha wäre der kluge Koboldjunge verloren. Der schottische Literaturwissenschafter und Globetrotter Malcolm McNeill bevorzugt in seinem Debütroman einen komplexen Wortschatz mit antiquierter Ausdrucksweise. In der Übersetzung von Sibylle Schmidt tauchen dann Wörter wie subversiv oder Waffenbruder auf. Formulierungen wie "Vor nicht allzu langer Zeit" betonen den märchenhaften Charakter der Geschichte. Viele bekannte Motive, Figuren und Werke der Kinder- und Weltliteratur werden aufgegriffen und lustvoll neu kombiniert. Genretypisch existiert parallel zur realen Welt eine fantastische Welt voller magischer Wesen. Da treiben Riesen, Hexen, Kobolde und natürlich auch Drachen ihr Unwesen. Hohe Zäune erinnern an Mauern, die aus politischen Gründen errichtet wurden. Wie in der NS-Zeit kommt es zu Bücherverbrennungen. Für die Covergestaltung von Suse Kopp und die Vor-und Nachsatzblätter wurden zauberhaft-magische Illustrationen von Nikolaus Heidelbach verwendet. Ein weiteres Highlight ist das flott-freche Geplänkel zwischen Martha und Max. Generell stimmt der einfallsreiche, wortgewandte Autor mit diesem opulenten Buch ein euphorisches Hohelied auf die Literatur und das Lesen an, leider ist er dabei allzu pädagogisierend unterwegs. "Wer bist du?" und "Woher kommst du?" sind zentrale philosophische Fragen, die das Buch aufgreift, um sie mit lapidaren Sätzen wie "Beim Lesen erfährst du, wer du wirklich bist" (S. 84) zu beantworten. Insgesamt wirkt diese handlungsreiche Geschichte mit einer verwirrenden Auflösung der Geschehnisse zu konstruiert. Lediglich Erwachsene oder geübte LeserInnen ab frühestens 12 Jahren dürften an dieser umfangreichen, teils langatmigen Fantasygeschichte ihre Freude haben. *bn* Elisabeth Zehetmayer


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Personen: Schmidt, Sibylle McNeill, Malcolm

Interessenkreis: Fantastisches

McNeill, Malcolm:
¬Der¬ Wald der träumenden Geschichten / Malcolm McNeill. Aus dem Engl. von Sibylle Schmidt. - Frankfurt a. M. : Fischer KJB, 2014. - 539 S.
ISBN 978-3-596-85670-1 fest geb.

Zugangsnummer: 2020/1012 - Barcode: 2-1220464-7-00001678-0
Jugendbücher (ab 13 Jahre) - Signatur: McNei - Buch