Haidinger, Martin
Unser Hitler die Österreicher und ihr Landsmann
Sachbücher

Es ist nicht leicht, dieses interessante und materialreiche Buch in einer Rezension zu würdigen. Eine Hitler-Biografie im eigentlichen Sinne stellt es nicht dar. Gezeigt werden soll Hitlers Aufstieg und Ende, vor allem aber seine Verflochtenheit mit Österreich, seinem Herkunftsland. M. Haidinger spricht von Hitlers "Österreich-Komplex" (9-50), der im "Traum Linz" (Ausbau zur Kulturhauptstadt des Reiches nach dem "Anschluss") und im "Trauma Wien" (Stätte seines Versagens, nicht bestandene Aufnahmeprüfung in die Kunstakademie) seinen Ausdruck findet. Den langen Weg zum "Anschluss", den "Traum vom Reich" schildert der weit ausholende Beitrag von G. Steinbach (51-147). Der Autor geht u. a. auf die Anfänge der Donaumonarchie, die Revolution von 1848 und ihre Auswirkungen, die "Ausbildung der deutsch-völkischen Idee" und die Rolle des Antijudaismus in Österreich vor und nach dem "Anschluss" ein. Anhand der einschlägigen Literatur bzw. der Erinnerungen von Zeitzeugen dokumentiert M. Haidinger die Ereignisse vor und nach 1938. Dabei wird nicht immer klar erkennbar, was der Verfasser übernommen hat und was von ihm selbst stammt. Die relevanten Kapitel behandeln die Themen: "Wie die Jungen Nazis wurden" (149-209); "Anschluss und Abschluss" (211-273); "Täter, Opfer - und der Rest" (275-352). Unter der Überschrift "Ein Volk wie jedes andere" versuchen die beiden Autoren das Resümee zu ziehen (353-366). Während die Judenfrage und das NS-Euthanasieprogramm sehr ausführlich zur Sprache kommen, wird die Rolle der Kirche im Leben Hitlers und in Österreich nach dem Anschluss nicht so eingehend behandelt (vgl. z.B. 255-259 u. ö.). Die Autoren zeigen jedoch Verständnis für die konkreten Situationen. 1938, beim "Anschluss", hatte "die römisch-katholische Kirche in Österreich [à] keine realistische Chance, zwischen allzu vielen Optionen zu wählen". So stellten sich damals die Bischöfe auf den Boden der Tatsachen und riefen die Katholiken dazu auf, am 10. April 1938 "für den Anschluss" zu stimmen. Erwähnung hätte es in diesem Zusammenhang verdient, dass der Linzer Bischof Johannes M. Gföllner deutliche Zeichen dafür setzte, dass er den Beschluss des österreichischen Episkopats nicht wirklich mittrug. Der Weg, den die Kirche in der Folge ging, sollte ihr das Überleben einigermaßen sichern, wurde aber nicht selten zum Leidensweg, auf dem viele Opfer zu beklagen waren, wofür das vorliegende Buch kaum Beispiele bringt. Bedauerlich ist das Fehlen eines Registers. Bei der Wiederbenützung des Werkes werden die vielen handelnden Personen und die geschilderten Ereignisse nur mit Mühe greifbar. Gerade weil das Geschehen nicht chronologisch dargestellt wird, wäre man für die registrale Erfassung der Daten dankbar gewesen. Der gute Bildteil ist en bloc in der Mitte des Buches angebracht, wodurch der Illustrationscharakter nicht genügend zur Geltung kommt. Abgesehen von diesen Mängeln kann man die Lektüre des Werkes bestens empfehlen; es stellt eine Bereicherung zur bisherigen Literatur dar. *Theologisch-praktische Quartalschrift* 4/2010 Rudolf Zinnhobler


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Personen: Haidinger, Martin Steinbach, Günther

GE.S Hai

Haidinger, Martin:
Unser Hitler : die Österreicher und ihr Landsmann / Martin Haidinger ; Günther Steinbach. - Salzburg : Ecowin, 2009. - 379, [48] S. : Ill.
ISBN 978-3-902404-71-8 fest geb. : ca. Eur 24,00

Zugangsnummer: 0017230001 - Barcode: 01017107
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