Hotschnig, Alois
Der Silberfuchs meiner Mutter Roman
Buch: Romane, Erzähl

Virtuos erzählter Roman über das Schicksal eines Lebensborn-Kindes. (DR) Für Deutschland, für den Führer: Der 1935 von Heinrich Himmler gegründete nationalsozialistische Verein "Lebensborn" holte bis Kriegsende unzählige schwangere Frauen, die von Soldaten der Wehrmacht und von Mitgliedern der SS ein Kind erwarteten, aus den besetzten Gebieten ins Deutsche Reich. Erklärtes Ziel war die Steigerung der Anzahl arischer Kinder. Viele Betroffene kennen bis heute ihre wahre Identität nicht. Der in Vorarlberg aufgewachsene Schauspieler Heinz Fitz und seine norwegische Mutter waren Opfer einer solchen Aufnordungs-Aktion. Frei entlang der Lebensgeschichte von Fitz entwickelte der mehrfach ausgezeichnete österreichische Autor Alois Hotschnig den vorliegenden Roman. Einzige Erzählperspektive ist die des Ich-Erzählers Heinz Fritz, dem der Autor seine Stimme leiht. Es ist die eigentlich nie existente Stimme eines Erzählers, dem sein Leben lang weder der Vater noch der Stiefvater eine Identität zugestanden haben. Wie hypnotisiert folgt man seinem Erzählstrom, der auf Kapitelunterteilungen verzichtet. 1942 reist die Norwegerin Gerd Hörvald hochschwanger ins vorarlbergerische Hohenems, wo sie eigentlich ein neues Leben mit ihrem Verlobten, einem deutschen Wehrmachtsoldaten, beginnen sollte. Doch hier will niemand etwas von ihr wissen. Kurz nach der Geburt ihres Sohnes Heinz erkrankt die von allen nur als "Norweger-Hure" beschimpfte Frau an Epilepsie. Heinz landet zunächst im Heim, später bei Bauern in Lustenau. Erst mit 4 Jahren kommt er wieder zur Mutter, aber die Nähe fehlt. Bald heiratet sie den Lungenkranken, noch vom 1. Weltkrieg gezeichneten Reinhard Fritz, der sie als "Versuchung in Person" sieht und "immer am Schlachten" ist. Gegen die stiefväterlichen Angriffe auf Leib und Seele schützt sich Heinz durch das Schlüpfen in diverse Rollen. Auch andernorts ist Heinz Schikanen und Gewalt ausgesetzt. Lichtgestalten in dieser traurigen Kindheit sind sein Freund Otto, der ihn mit Büchern versorgt, und sein Lehrer, der ihn in seinem "vorgespielten Heinz" zu erkennen vermag. Zuflucht nimmt der suizidgefährdete Jugendliche im Kino, in der Literatur und vor allem im Theaterspiel. "Aus dem Zwang zur Verstellung war eine Lust an der Vorstellung geworden." 1965 kommt Heinz schließlich an die Schauspielschule in Wiesbaden, eine vielversprechende Karriere beginnt. Diese sprachlich exorbitante Lektüre beleuchtet ein trauriges Kapitel Zeitgeschichte und erzählt mit viel Empathie von der erlösenden Kraft des Wortes, der ambivalenten Liebe eines Sohnes zu seiner Mutter, vom Gefühl des Fremdseins und von widerständiger Selbstbehauptung. Ein bewegendes Stück Gegenwartsliteratur, das bestimmt viele LeserInnen findet und sich bestens für Literaturgespräche eignet.


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Personen: Hotschnig, Alois

DR Hot

Hotschnig, Alois:
¬Der¬ Silberfuchs meiner Mutter : Roman / Alois Hotschnig. - 3. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2022. - 219 Seiten
ISBN 978-3-462-00213-3 Festeinband : EUR 20,60 (AT)

Zugangsnummer: 0007247001 - Barcode: 2-0000000-8-41111550-8
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