In ihrem autofiktionalen Roman beschreibt Cordelia Edvardson, Tochter der katholisch-mystischen Dichterin Elisabeth Langgässer, ihre zutiefst erschütternden Erinnerungen an eine durch den Nazi-Terror zerstörte Kindheit und Jugend. Scheinbar distanziert wählt sie die 3. Person für ihre Perspektive: "Das Mädchen" oder später "die Frau" erleben frühe Ausgrenzung als "Dreiviertel-Jüdin" und schließlich die Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz. Unfassbar ist, dass die bewunderte und geliebte Mutter ihre Tochter der Gestapo ausgeliefert hat, um sich selbst zu retten. Das Mädchen überlebt und wird nach der Befreiung vom DRK nach Schweden evakuiert. Hier entzieht es sich den Erwartungen, das Erlebte möglichst schnell zu vergessen, denn das erlittene Grauen ist Teil seiner Selbst geworden.

Das 1986 erstmals auf Deutsch erschienene und nun neu aufgelegte Erinnerungsbuch ist nicht nur ein bewegendes und unverzichtbares Zeitzeugenzeugnis, sondern großartige Literatur, der es gelingt, Worte für das Unsagbare zu finden. In der Hörbuchfassung verleiht Nina Kunzendorf der Protagonistin eine unter die Haut gehende Stimme. Das Nachwort von Daniel Kehlmann, gelesen von Ulrich Noethen, würdigt die Erinnerungen von Cordelia Edvardson als überzeugenden Beitrag zur Erinnerungskultur.

SL / Ju 3

Christine Heymer

Personen: Edvardson, Cordelia Kunzendorf, Nina