Rezension: "Endlich packst du das Geschenk aus. (.) Dass es ein Buch ist, hast du sicher längst gemerkt. Du hältst das Buch vor Dich hin. Seltsam! - auf dem Buch bist du abgebildet, wie du genau in diesem Zimmer eben dieses Buch hältst. Aber nicht nur einmal, sondern immer, immer wieder und auf immer kleineren Büchern." Höchst komplex in Erzählperspektiven und Bildkonzeption gehalten, beginnt Jörg Müllers Buch im Buch im Buch: Ein feistes Kind, stets umschlichen von einer samtig weißen Katze, sieht in einem Buch in unendlicher Wiederholung sich selbst ein Buch haltend. Über seine Schulter schielt ausgerechnet ein Hase, obwohl das Kind Katzen doch viel lieber mag. Grund genug, eine abenteuerliche Reise in die perspektivenreiche, kühl-realistische gezeichnete Buchbilderwelt zu wagen, in der Farbgebung und Maltechnik jeweils unterschiedliche Erlebnisebenen veranschaulichen. Mit einer 3-D-Brille ausgerüstet - die auch dem Leser zur Verfügung steht und so den zweidimensionalen Blättern unerwartete Räumlichkeit verleiht - schreitet das Kind Seite für Seite in das Buchinnere, um dort schließlich dem aus der Ich-Perspektive erzählenden Bilderbuchmaler zu begegnen. Zum Opfer seiner eigenen Idee geworden ist dieser in einem intellektuellen Verwirrspiel scheinbar ausweglos in seinem eigenen Buch gefangen. Selbst Schutzumschlag und Innenseiten sind konsequent eingebunden in das vielschichtige Werk, das sehr klug mit den Rollen von Autor, Protagonist und Rezipient spielt und mehr als einmal die eigene Wahrnehmung in Frage stellt. Trotz oder vielleicht gerade wegen des ausgefeilten Konzepts bleibt allerdings am Ende der schale Eindruck, dass das Lesevergnügen ebenso wie eine stimmige Spannungskurve einem übergeordneten theoretischen Konstrukt geopfert wurden. Und das ist dann eigentlich doch recht schade. *ag* Silke Rabus

---

Personen: Müller, Jörg