bibel(plus) - erklärt Der Kommentar zur Zürcher Bibel
Buch

Die neue Zürcher Bibel und ihre Begleiterinnen - bibel(plus) Die Zürcher Bibel war 1531 die erste vollständige reformatorische Bibelübersetzung und sie verdankte sich Huldrych Zwinglis großer Liebe zur Schrift. Seitdem sind immer wieder neue reformierte Bibelübersetzungen vorgelegt worden, 1931 die vorletzte, 2007 die letzte. Ihr liegt ein zehnjähriger Übersetzungsprozess zugrunde.


Rezension

Die Zürcher Bibel zeichnet sich durch große Nähe zum so genannten Urtext aus und bemüht sich zugleich um ein zeitgemäßes Deutsch, ohne Mehrdeutiges zu vereindeutigen, Fremdes dem bekannten Eigenen anzugleichen, Schwierigkeiten zu banalisieren und Erschreckendes zu mildern und zu beschönigen (so die Herausgebenden in ihrer Einleitung). Der Beschluss der Kirchensynode der Evangelisch - reformierten Landeskirche des Kanton Zürich, den Grundtext neu zu übersetzen, war mit der Herausgabe verschiedener Begleitbücher verbunden. Sie sollten die Lektüre der Bibel begleiten, fördern und unterstützen. Schwerpunkt war, kirchenfernen Menschen den Zugang zu erleichtern, Suchende anzuleiten und Fragende zu ermutigen. Die reformierte Kirche der Schweiz kann dabei auf ein erfolgreiches Konzept der Erwachsenenbildung zurückgreifen, das sich in Gestalt von Bibelseminaren über Jahre hinweg bewährt hat. In neuster Zeit war aber auch hier der Traditionsabbruch christlichen Grundwissens bemerkt worden. Das Programm bibel(plus) wurde entwickelt. Es setzt sich aus einem Reiseführer "besichtigt", einem Seminar "vertieft", einem umfangreichen Hörbuch "mitgehört" und einem dreibändigen Kommentar "erklärt" zusammen. Der Reiseführer "besichtigt" ist als einfache Einführung in die Bibel konzipiert und kann völlig voraussetzungslos zur Hand genommen werden. Die Idee ist ausgesprochen originell, denn wie ein guter Reiseführer sind die biblischen Bücher als Landschaften oder Städte charakterisiert, die man mittels knapper Lektüretipps bereisen kann. Die einfache Lesart (Route) wird ergänzt durch Tipps zu Besuchen, Büchern, klassischer Musik, Film und Pop. Die Besuche führen in Museen oder zu Denkmälern, Bibliotheken oder konkreten Orten, die mit dem biblischen Buch in Zusammenhang stehen. Die Büchertipps lesen sich wie eine Auswahl aus der Weltliteratur und ihrer Bearbeitung biblischer Geschichte und bei der Musik darf mit spannenden Überraschungen gerechnet werden. Wer sich ein Andenken mitbringen will, findet markante Textstellen hervorgehoben und unter der Rubrik "Ausblick" wird ein bedeutendes Zitat aus der Auslegungsgeschichte des jeweiligen Buches präsentiert. Für Reiselustige, die gern ungewöhnliche Routen wählen, hält ein zweiter Teil Wege bereit, die thematischen Schwerpunkten folgen. Sie reichen von Schöpfung über Wunder, Kind bis Freundschaft. Das Seminar "vertieft" zur Zürcher Bibel ist unkonventionell und lebendig. Es ist auffällig gestaltet durch Grafiken einer jungen Berliner Künstlerin, die sich zur Darstellung unterschiedlicher und spannungsreicher Gottesbilder einladen ließ. In 25 Kapiteln werden diese Gottesbilder ausgelegt, biblisch untersucht, zeitgeschichtlich eingeordnet, künstlerisch vertieft und theologisch ausgelegt. Ich bin wirklich überrascht und begeistert, wie modern die Annäherungen sind, wie aktuell die theologischen Gedanken dargestellt werden, wie mutig auch Streitfälle und verwirrende Neuentdeckungen in die Darstellung einfließen durften. Auch hier sind am Rand originelle Querverweise auf Literatur, Film, Klassik und Pop zu finden. Eine notwendige und gelungene Ergänzung ist das aus fünf CDs bestehende Hörbuch. Das Seminar gibt zu jedem seiner Kapitel Abschnitte aus der Bibel an, die hier hörbar werden. Gelesen werden die Texte von zwei jüngeren und zwei älteren, zwei männlichen und zwei weiblichen Stimmen. Die Stimmen gehören Künstlern und Künstlerinnen, die mit ihrer Gestaltung den Text lebendig werden lassen, ohne ihn ins Künstliche zu steigern. Die Auswahl der gelesenen Passagen ist wiederum überraschend: wer hat sich schon mal fast 20 Minuten Jesaja angehört? Hier ist es möglich und spannend. Dasselbe gilt für den Galaterbrief oder zehn Minuten Offenbarung des Johannes. Das Booklet ist knapp gehalten, aber gut nummeriert und durch die Zeitangaben hilfreich. Die Spitze der Gesamtkomposition von bibel(plus) ist der Kommentar. Er ist schon einmal bibliophil ein Genuss (wie alle anderen Bücher dieser Reihe auch!). Die Gestaltung ist gewagt und gelungen. Modernität ist Programm, ohne anbiedernd zu sein. Die Aufmachung der Bücher verdeutlicht, dass die Bibel und ihre Auslegung zeitgemäß sein kann und zugleich fremd bleiben muss. Beim Kommentar überwiegt der Textanteil und trotzdem sind wichtige Illustrationen aufgenommen worden, wenn sie wesentlich sind, um Texte zu deuten. (Die Entdeckung, dass die Archäologie der Bibelwissenschaft hilfreich zur Seite stehen kann, auch wenn sie die Alleinstellung der biblischen Überlieferung außer Kraft setzt, ist ein schweizerisches Verdienst der Forscher und Forscherinnen um Othmar Keel in Freiburg/Schweiz.) Jedes biblische Buch hat einen knappen Steckbrief und einen farblich unterlegten extrem knappen Einleitungstext. Danach kommt der vollständige neu übersetzte Text, der abschnittweise klar und verständlich, ohne Voraussetzungen zu erwarten, erklärt wird. Das liest sich runter und geht ein! Kurze Sätze, keine Fremdwörter (außer den wenigen, die im Glossar am Ende des dritten Bandes erklärt werden), keine Fachausdrücke. Hier ging es den Herausgebenden um Basisbildung und Lust an Wissensvermittlung. Das ist gelungen.

Das ganze Paket lohnt die Anschaffung für alle, die neugierig auf Bibel sind. Unbedingt!

Rezensent: Christiane Thiel


Personen: Schmid, Konrad

Schlagwörter: Bibel Auslegung Kommentar

bibel(plus) - erklärt : Der Kommentar zur Zürcher Bibel. - Zürich : TVZ, 2010. - 3 Bde. : 2716 S. :Ill. ; 22 cm
ISBN 978-3-290-17425-5 geb. : EUR 97.50

Zugangsnummer: 0002/9747
Christlicher Glaube, Religionen, religiöse Weltanschauungen - Buch