Bergström, Gunilla
Hör zu, was ich erzähle, Willi Wiberg!
Buch

Willi Wiberg und sein neuer Freund Hamdi lieben Fußball und Kriegsspiele. Hamdis Vater war früher in seinem Heimatland Soldat. Willi will alles darüber wissen, aber Hamdis Vater will nicht alles erzählen, nur eine einzige Geschichte.


Rezension

Willi Wiberg, der jetzt 6-jährige Held schon vieler Alltagsepisoden, hat einen neuen Freund: Hamdi. Sie spielen Fußball, und Hamdis Vater baut ihnen ein Tor. Früher in seinem Heimatland war Hamdis Vater Soldat. Willi will alles darüber wissen. Willi und Hamdi spielen oft Krieg. Sie suchen sich aus Katalogen Weihnachtsgeschenke mit viel "PENG und BUMM und knallharten Armeesoldaten und Panzern und Monster-Kriegern" aus. Sie kennen Krieg aus Computerspielen, Videos und Fernsehen, aus Filmen, die "schrecklich und toll" sind! "Müsst ihr euch diesen Mist angucken...", sagt Hamdis Vater. Doch erzählen über den Krieg will er nicht: "Du musst wissen, Krieg ist etwas so Trauriges, das kann man gar nicht erzählen. Das ist nicht wie im Film, wo die Guten am Ende siegen. Meistens kann man gar nicht sagen, wer Freund ist und wer Feind. Man blickt nicht mehr durch. Das Einzige, was man sicher weiß, ist: Es gibt zwei Sorten Menschen. Solche, die aufbauen, und solche, die wegbomben. Die gibt es immer und überall. Auch beim Feind. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Vom Krieg kann man nicht erzählen." - Aber etwas erzählt er dann doch, das ihn lehrte, nie aufzugeben. Er erzählt, wie er mitten im Gefecht in einem verfallenen Haus am Boden lag und eine winzige Ameise beobachtete, die nur kurz innehielt im Bombenhagel und danach unbeirrt mit ihrer Last auf ihrem Weg weiterlief. "Wie ein unbeugsamer Widerstandskämpfer. Das werde ich nie vergessen." Auch Hamdis Vater stand damals wieder auf in dem Krieg, der noch lange dauerte. - Genau deshalb werden Willi, Hamdi und sein Vater auch das neue, gerade mutwillig zerstörte Fußballtor draußen vor ihrem Haus wieder aufbauen. - Vom echten Krieg wird in diesem Buch mit seinem sparsamen Text nicht offen gesprochen; wohl aber, wie Krieg sich im modernen Alltag in Kinderköpfen, in kleinen Feindseligkeiten vor der eigenen Haustür, in Spielen und abstrusen Fantasy-Filmen darstellt. Nur leise, in des Vaters Beispiel und Verschwiegenheit deutet sich an, was Krieg tatsächlich ist. Geschickt sind die verschiedenen Perspektiven ineinander verwoben und ausbalanciert. Vor allem die Bilder spiegeln das wider. Die kecken Illustrationen mit den kugelköpfigen Figuren, wie man sie aus anderen Willi-Wiberg-Büchern schon kennt, skizzieren kindlichen Alltag. Hineinkomponiert sind, jeweils stilistisch abgesetzt, Fotocollagen aus jenen unsäglichen Filmbildern, in denen sich Krieg als schrecklich-tolles Spiel darstellt, und schließlich die Erinnerungsszene des Vaters. Aus diesen Kontrasten kristallisiert sich die Botschaft heraus: Kriegsspiel und Ballervideos sind nicht die Wirklichkeit, doch schon im Kleinen vor der Haustür kann Krieg beginnen. Krieg ist kein Spiel!

Das aktuelle, klar verständliche, nicht problemüberfrachtete Bilderbuch macht nachdenklich, lehrt Kriegsfantasien und -wirklichkeit unterscheiden. Es bietet sich an zum Gespräch in Elternhaus und Grundschule.

Rezensent: Heide Germann


Personen: Bergström, Gunilla

Schlagwörter: Krieg

Interessenkreis: Mitteldruck

Bergström, Gunilla:
Hör zu, was ich erzähle, Willi Wiberg! / Text und Ill. vom Autor. Dt. von Dagmar Brunow. - Hamburg : Oetinger, 2006. - O. Pag.: überw. Ill.; 23 cm. - Aus d. Schwed.
ISBN 978-3-7891-6317-3 geb. : EUR 8.50

Zugangsnummer: 0000/0172
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Ber - Buch