Eine sehr persönliche Recherche, die nach Lemberg führt, dem Zentrum des osteuropäischen Judentums vor dem Holocaust.
Rezension
Wie kann man leben, wenn so viel verschwiegen wird? Wenn die Ländergrenzen Familien trennen, wenn die Zeiten verrückt spielen und nach dem großen Morden das letzte bisschen Leben gerettet werden soll? Was spüren die, die danach geboren werden und fast ohne Erfahrungen des grausamen europäischen Antijudaismus heranwachsen, seine Spuren aber überall entdecken müssen, besonders als Narben auf den Seelen der liebsten Menschen und oft genug als Nummern auf dem Unterarm? Die Autorin spürt ihrer Großmutter nach, bei der sie nach der schmerzhaften Trennung von ihrer Mutter in Lemberg geliebt und behütet, aber auch gezeichnet und bedrückt, heranwächst. Ihr Tod führt sie zurück in jene Stadt, in der einst das jüdische Leben pulsierte und in der heute noch die Reste der Mesusot an den Türen für die zu ertasten sind, die wissen, dass sie da einst waren. Auch der Mutter begegnet sie aus Anlass der Beisetzung. Eine spannungsreiche und bedrückende Reise nach Osten und nach Innen. Traumata enden nicht.
Für Gesprächskreise zu Literatur und Traumabelastung, Buß- und Bettag als Literaturgottesdienst, Lesung zur Befreiung von Auschwitz.Rezensent: Christiane Thiel
Personen: Neubert, Marina B.
Neubert, Marina B.:
Kaddisch für Babuschka : Roman / Marina B. Neubert. - Berlin : Aviva, 2018. - 189 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-932338-70-0 geb. : EUR 18.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Neu - Buch