Rohr, Angela
Lager Autobiographischer Roman
Buch

Der Archipel Gulag: autobiographische Notizen einer kühl berichtenden Frau aus dem Umkreis des Expressionismus.


Rezension

Dies ist ein schwieriges, kaum einzuordnendes Buch einer Frau, die jahrelang in den sibirischen Lagern der stalinistischen Zeit Russlands gefangen war, und als nicht diplomierte Ärztin unter schwierigsten Bedingungen die medizinische Versorgung der Häftlinge gewährleisten musste. Der Beginn ist unmittelbar, eine Schilderung des Marsches von Häftlingen durch die Taiga zu einem Lager, das wie eine von vielen Inseln (Solschenizyns geniales Bild 'Archipel') in der Dunkelheit der Wüstenei grell ausgeleuchtet ist. Kurze, unemotional berichtete Episoden aus dem brutalen Leben in verschiedenen Lagern folgen. Sie sind realistisch, kühl und knapp, wirkungsvoll, und verorten den Text im Umkreis des Expressionismus. Der 'Gattungsname' ist ein Problem. Es ist kein Roman, es sind autobiographische, sehr bewegende Fragmente eines schrecklichen Erlebens, das in viele Scherben zersplittert. Die biographischen Informationen der Herausgeberin hätten an den Anfang, statt in den Anhang des Buches gehört.

Für Leser, die sich auf eine schwierige Leseerfahrung einlassen, wenn sie auf den angegebenen Gattungsnamen vertrauen und die Stringenz von Roman oder Biographie nicht finden.

Rezensent: Hans-Wolfgang Schaller


Personen: Rohr, Angela

Schlagwörter: Frau Sibirien Stalinismus Lager

Rohr, Angela:
Lager : Autobiographischer Roman / Angela Rohr. Hg. von Gesine Bey. - Berlin : Aufbau, 2015. - 441 S. : Ill. ; 22 cm
ISBN 978-3-351-03602-7 geb. : EUR 22.95

Zugangsnummer: 2014/2670
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch