Tóibín, Colm
Marias Testament Roman
Buch

Maria hat schon ihren Sohn Jesus nie richtig verstanden und kooperiert deshalb auch nicht mit den Evangelisten.


Rezension

Einer der großen Missionserfolge des jungen Christentums war es, den Artemis-Kult in Ephesus durch eine Marienverehrung abzulösen. Die silbernen Artemis-Figuren, die in vielen Haushalten die Göttin repräsentierten, die willkürlich nahm und gab, wurden durch Marienstatuetten ausgetauscht, die die barmherzige Gottesmutter darstellten, die lieber gab als nahm. Der preisgekrönte irische Autor Colm Tóibín dreht diese Geschichte um. Er lässt Maria in den Artemis-Tempel gehen, weil es ihr dort besser gefällt als in der Synagoge. Die Evangelisten, die zu ihr kommen und sie ausfragen, gehen ihr auf die Nerven. Sie weigert sich, Ihnen Informationen zu geben. Schon ihr Sohn war ihr fremd, als er mit zwielichtigen Subjekten durch die Gegend zog und besonders, wenn er Wunder tat. Und was diese Schriftsteller jetzt aus der Sache machen wollen, ist ihr ganz suspekt. Maria war gewiss eine einfache Frau. Diese Fiktion ist nicht ganz unrealistisch. Mir ist sie zu ausgesucht originell.

Atmosphärisch dichte Erzählung mit meisterlich eingefügten surrealen Elementen, die in der Spur Saramagos das Allzumenschliche der Jesusgeschichte herausfabuliert und aufspießt.

Rezensent: Frank Hiddemann


Personen: Tóibín, Colm

Schlagwörter: Kirche Geschichte Jesus Christus Maria

Tóibín, Colm:
Marias Testament : Roman / Colm Tóibín. Dt. von Giovanni Bandini u. Ditte Bandini. - München : Hanser, 2014. - 126 S. ; 19 cm. - Aus d. Engl.
ISBN 978-3-446-24484-9 geb. : EUR 14.90

Zugangsnummer: 2014/0140
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch