Annotation: Am Beispiel der 24-jährigen Mae, die beim Internetkonzern Circle Karriere macht, entwirft Dave Eggers die Dystopie einer bis in die hintersten Winkel vernetzten Gesellschaft, in der Menschen auf transparente Konsumenten reduziert werden. Rezension: Es kommt nicht häufig vor, dass die Großmutter von einem Roman fasziniert ist, der auch ihren Enkel gerade zum Nachdenken bringt. Dave Eggers gelingt mit seinem Buch „Der Circle“, das von der Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde, das Kunststück, alle Generationen anzusprechen, selbst die Oma, die nicht auf Facebook oder Whatsapp ist, ja noch nicht einmal einen Computer oder ein Handy besitzt. Doch über die traditionellen Massenmedien und die Enkel bekommt sie offenbar genug vom rasant wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss sozialer Medien mit, um beunruhigt zu sein über eine Entwicklung, die Eggers in seinem Roman Alt und Jung drastisch vor Augen führt. Seine Protagonistin, die 24-jährige Mae, ist mehr als glücklich darüber, dass sie einen Job in der Zentrale des einflussreichsten Unternehmens der Welt ergattert hat. Dass sie sich wie im Himmel wähnt, liegt auch in ihrer Familiengeschichte begründet: Seitdem ihr Vater an Multipler Sklerose erkrankt ist, kämpfen ihre Eltern oft vergeblich um teure Medikamente. Nachdem sie als Angehörige in die Circle-Versicherung aufgenommen worden sind, scheint alles ganz leicht. Doch der Preis für die Rundum-Versorgung ist hoch: Der bis ins Schlafzimmer überwachte gläserne Konsument ist in Eggers Dystopie auf eine Weise Wirklichkeit geworden, die schaudern macht. Das Szenario einer Welt, in der ein Konzern absolute Sicherheit und Gesundheit verspricht und die ganze Welt kontrolliert, indem er perfide Überwachung als soziale Kommunikation tarnt, offenbart die grotesken Auswüchse der Gegenwart, von der es weniger als einen Schritt entfernt liegt. Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb es Jugendlichen, Eltern und Großeltern beim Lesen gleichermaßen kalt über den Rücken läuft. In dem ungeheuren Maß, in dem die digitale Kommunikation wächst, lässt Eggers die Kontakte von Mensch zu Mensch zerbröseln, bis Mae alles und alle verloren hat. Vielleicht schildert der Autor die direkten zwischenmenschlichen Beziehungen deshalb so sparsam und mechanisch, dass seine Figuren Robotern ähneln. Für romantische Candlelight-Dinner oder Händchenhalten am Ufer eines Sees ist im Web 2.0 keine Zeit mehr. Liebe beschränkt sich auf schnellen Sex in einer Toilettenkabine. Nur ab und an blinkt so etwas wie Wärme auf, wie eine Erinnerung an eine Welt, die nicht perfekt, aber menschlich war. Doch sie hat ebenso wenig eine Chance gegen die zunehmende Kälte wie die wenigen Kritiker gegen die wachsende Macht des Konzerns. Schön, dass ein Buch die Macht haben kann, die Generationen miteinander ins Gespräch zu bringen.

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Personen: Wasel, Ulrike Eggers, Dave