Beim Versuch, endlich auf eigenen Beinen zu stehen, erfährt eine junge Frau, was es heißt, an sogenannten "unbegrenzten Möglichkeiten" zu scheitern. (DR) Was tun, wenn man ein bisschen Freiheit haben möchte und im luftleeren Raum landet? Hannahs Unruhe und ihr kompromissloses Streben nach Veränderung sind sofort spürbar. Sie hat genug davon, finanziell von ihrem Freund, einem Assistenzarzt, abhängig zu sein. Ein bevorstehendes Praktikum in einer Berliner Redaktion ist ein Lichtblick für sie. Jakob sieht keine Zukunft in einer Fernbeziehung und möchte sie halten. Unbedingt. Doch Hannah entscheidet sich für Berlin. Sie möchte sich selbst und allen anderen beweisen, dass sie es alleine schafft. In Berlin empfängt Hannah die verwaiste Wohnung einer Freundin. Das Praktikum geht rasch vorüber, danach kommt - nichts mehr. Trotz aller Bewerbungen und Anstrengungen. Hannah mangelt es an echten sozialen Kontakten. Via Skype und SMS wird sie zum Zaungast im Leben der Anderen. Trauer über die aufgegebene Beziehung, Selbstzweifel und Geldsorgen bringen Gösweiners Heldin ins Taumeln. Wenig trennt sie vom freien Fall. Den 30. Geburtstag verbringt Hannah einsam in Berlin. Ihr eigenes Leben wird zum Synonym für ein Leben in der Warteschleife, während Jakobs Leben ohne sie eine überraschende Wende nimmt. Damit geht Hannahs letzter Ankerpunkt als mögliche Zukunftsoption verloren. Sie macht die bittere Erfahrung, was es heißt, trotz guter Ausbildung und persönlicher Opfer zu scheitern. Das Romanende lässt vieles offen. Gut so. Der Autorin gelingt mit diesem Debütroman vor allem eines: in irritierend sanftem Ton die Geschichte einer Auflehnung zu beschreiben. Ihre Sprache will nicht wehtun, ihre Heldin rebelliert vorsichtig. Wut gibt es nur in kleinen, Melancholie in hohen Dosen. Die Kunst in Gösweiners Roman liegt in der Reduziertheit - punktgenau wird das private und berufliche Dilemma einer Berufseinsteigerin in einer harten Ellbogengesellschaft gezeichnet. Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Buchpreis 2016 für das beste Debüt.

---

Personen: Gösweiner, Friederike