Eine Art Plädoyer für empathischeres Miteinander. (DR) Dieser Debütroman zeigt den Ich-Erzähler Osman für etwa drei Wochen, in denen er aus ohnmächtigem Gefangensein in familiären, kulturellen und psychologischen Geflechten zu eigenen Entscheidungen und Handlungen gelangt. Osman ist Cellostudent mit einem zwiespältigem Verhältnis zur Musik, ohne Mutter aufgewachsen, vom Musikervater entfremdet, Migrationskind der zweiten Generation, der Bruder schwul, die Schwester gestorben, seine Beziehungen kurz, er sensibel und unsicher. Seine Ziehmutter, die Tante, ist ein stabiler emotionaler Anker, deren Perspektive etwa ab dem zweiten Drittel des Romans - abwechselnd mit Osman - aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Die Tante möchte nun ihre versäumte Emanzipation vollziehen und Osman tut ihr dies gleich. Gespiegelt wird das in einer Parallelgeschichte einer Gehörlosen, die sich gegen die Veränderung ihrer Identität durch eine Cochleaimplantation entscheidet. Mevissen packt viel Zeitgenössisches hinein, verwendet gesprochene Sprache, kurze Kapitel, (hör-)sinneseindrückliche Metaphern, Schnitttechniken, leichte Handlungszeitbrüche, aber er setzt dabei auch überdeutliche Signale zur Figuren- und Handlungsentwicklung, was durchaus existenzielle Themen etwas platt erscheinen lässt. Ein Coming-of-Age-Roman, der auch als Lektüre für Jugendliche geeignet ist.

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Personen: Mevissen, Katharina

Interessenkreis: Zeitgenössische Literatur