Sie nehmen nicht die Furcht vor der Nacht, aber sie führen hinein in eine ganz aus der Zeit gefallene Welt: Die 14 Engel, an die sich zwei außergewöhnliche KünstlerInnen sprachlich und illustratorisch annähern. (ab 5) (JE) Es gibt illustrierte Bücher, deren Bilder sich beim ersten Aufschlagen festsetzen und in eine sibyllinische Zwischenwelt entführen. Pathos? Er mag durch den Darstellungsgegenstand des Gutenachtbuches gerechtfertigt sein - werden doch Erhabenheit und Würde ganz besonderer Figuren vorgeführt: 14 an Anmut kaum zu übertreffende Engelbilder verleihen der 2003 erstmals erschienenen Geschichte einen neuen bildlichen Rahmen. In fragiler Handschrift werden sie am Beginn durch das berühmte und hier titelgebende Gutenachtgedicht eingeführt, das der Sammlung "Des Knaben Wunderhorn" von Achim von Arnim und Clemens Brentano entstammt. Ihre dortige Positionierung rund um das lyrische Ich wird durch Gedichte von Jutta Richter in 14 konkret benannte Figurationen übergeführt: "Die Taubenengel sind immer zu zweit, / der Himmel möge sie schützen. / Sie trinken die Tränen, sie picken die Zeit, / sie wissen im Winter, / es ist bald soweit, / der Frühling wohnt unter den Mützen." In zartgliedriger Sprache werden die Tonalitäten der unterschiedlichen Engel ausgelotet und in den narrativen Kontext rund um ein Kind und einen Mann eingegliedert, die erst Schlaf finden, als sie einander "An einem großen stillen See" (so der ursprüngliche Titel) die Angst vor der Dunkelheit nehmen. War es vor 11 Jahren Susanne Janssen, die mit ihren expressiven Illustrationen an die Engel herangezoomt hat, so ist es nun Aljoscha Blau, der ätherische Wesen ins Bild setzt - in einmal bestimmter, dann wieder ganz zurückgenommener Farbigkeit, stets aber als scheinbare Abgesandte der feinstofflichen Welt der Märchen und (modernen) Mythen. Ein kinderliterarischer Glücksfall. Sehr zu empfehlen zum Vorlesen ab 5 Jahren und Selberlesen ab 8 Jahren. *bn* Heidi Lexe

Personen: Richter, Jutta