Gedichte, die zum Wesen der Dinge vordringen. (DL) Klaus Merz ist ein Meister der Kürze und lakonischen Kargheit. In seinen Gedichten genügen ihm wenige Andeutungen, um zum Kern der Dinge vorzudringen. Zum 65. Geburtstag des Schweizer Autors hat der Verlag einen Band mit 56 neuen Gedichten von Merz herausgegeben. Worum geht es in diesen meist nur drei- oder vierzeiligen Kurzgedichten, in denen sich die sinnliche Erfahrung zum Wesentlichen verdichtet? Zum einen um entscheidende Begegnungen mit Menschen. Zum anderen thematisiert Merz Erinnerungen an die Kindheit. Die Hauptrolle spielt in diesen lakonischen Gedichten aber die Kunst und ihre imaginative Kraft. Die Gedichte führen die LeserInnen in eine Gemäldegalerie oder sie präsentieren Bilder aus dem Album der Vergangenheit. Immer wieder scheinen sie sagen zu wollen: Das Abbild ist das Wahre, im Imaginativen vollzieht sich die Wahrheit der Wirklichkeit. Erst die Schaffenskraft und Imaginationskraft des Künstlers modelliert aus dem Material des Lebens dessen wahres Abbild. Die Vorstellungskraft überhöht nicht nur das Vergangene. Sie bringt auch eine eigene Wirklichkeit hervor. Immer wieder gelingt es Merz dabei, über die Anschauung alltäglicher Gegenstände einen Blick hinter die Dinge zu erhaschen. Manchmal sind diese Gedichte aber auch poetologische Kurzabhandlungen wie das großartige Gedicht "Feldzug", in dem Merz Bezüge zum antiken Sänger Orpheus und dem japanischen Haiku-Meister Mastuo Busho herstellt. Ein Gedichtband, den jeder Lyrikfreund mit Freude zur Hand nehmen und mit Gewinn lesen wird. *bn* Karl Vogd

Personen: Merz, Klaus Egger, Heinz