Ein kolumbianisches Mädchen gerät in die Abgründe der Zwangsprostitution. (DR) Gleich vorweg: Dieses Buch sollte eigentlich eine 18+ Klassifizierung tragen. Die Teenagerin Mayra lebt in Bogotá. Zusammen mit ihrer todkranken Mutter und ihrer Schwester teilt sie sich eine winzige heruntergekommene Wohnung in einem "schlimmen Viertel" der kolumbianischen Hauptstadt. Ratten, Kakerlaken und Skorpione sind ihre Untermieter. Vom deutschen Vater der Mädchen gibt es schon seit Jahren keine Spur mehr. Mayra durchlebt eine dieser typischen Laufbahnen: Armut, Bandenkriege, dubiose Jobs, um sich über Wasser zu halten. Schließlich lernt sie beim Chatten einen Deutschen kennen. Sie will ihn unbedingt besuchen und verdingt sich über eine Agentur als Kellnerin auf dem Oktoberfest. Spätestens jetzt möchte der Leser/die Leserin das Mädel packen und durchschütteln! Aber genauso rasant, wie Pilz diese Geschichte erzählt, entgleitet uns die sympathische Hauptfigur. Die Geschichte, die bis hierhin schon grausam detailreich war, was Gewalt und Sexualität anlangt, beweist uns, dass es immer noch schlimmer geht. Mayra gerät - wie vorherzusehen war - an einen Zuhälter, statt dem versprochenen Kellnerjob geht es schnurstracks in ein Schmuddel-Bordell irgendwo in der Pampa am Bodensee. Pilz schafft es trotz der unglaublichen Fülle an Klischees, die diesen Roman ausmachen, die ganze Geschichte schmerzhaft realistisch zu halten. Leider handelt es sich zum großen Teil um wahre Begebenheiten. Dieses Buch ist, wie wir es von Pilz gewohnt sind, nichts für schwache Nerven. Obwohl man immer wieder Pausen braucht, um die schrecklichen Bilder, die sich im Kopf überschlagen, wieder loszuwerden, kann man das Buch nicht mehr weglegen. Wem bei Romanen von James Ellroy schlecht wird, der sollte dieses Buch auf keinen Fall lesen. Hier kommt noch hinzu, dass uns die Protagonistin ans Herz wächst, wir mit ihr fühlen und leiden. Da Teile der Handlung in Österreich bzw. im sehr benachbarten Deutschland spielen, gibt es kaum noch einen psychologischen Abstand zum Gelesenen. Aufgrund der sehr expliziten Schilderungen aller Arten von Gewalt sollte das sicherlich empfehlenswerte Buch gut überlegt eingestellt werden. *bn* Sabine Eidenberger

Personen: Pilz, André