Autobiografische Aufzeichnungen und Gesprächsprotokolle mit ungarischen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. (GE) István Örkény kam 1942 an die Ostfront und musste an der Seite der deutschen Wehrmacht gegen die Sowjetunion kämpfen. Das ungarische Armeekorps, in dem er diente, wurde Anfang 1943 am Don vernichtend geschlagen, die Überlebenden gerieten in Kriegsgefangenschaft. Örkénys Aufzeichnungen aus vier Jahren in der Gefangenschaft liegen nun in deutschsprachiger Übersetzung vor. Die Gattungsbezeichnung "Roman" ist für "Das Lagervolk" allerdings nicht korrekt. Es handelt sich beim vorliegenden Band um zwei Werke und einen Anhang. Das erste Buch, "Das Lagervolk", ist ein autobiografisches Erfahrungsdokument. Örkény selbst nannte den Text eine "Soziographie des Kriegsgefangenenlagers". Das zweite Buch enthält Gesprächsprotokolle und trägt den Titel "Woher wir kamen". Sie müssten eigentlich den ursprünglich von Örkény gewünschten Titel "Sich Erinnernde" tragen. Hier kommen Kriegsgefangene zu Wort. Es sind sehr unterschiedliche Menschen, die sich jedoch darin gleichen, dass sie für Jahre aus dem ursprünglichen Rahmen ihres Lebens herausgerissen wurden und ihre Erinnerungen an die Vergangenheit es ihnen ermöglichen, die Gegenwart im Lager zu ertragen. Besonders aufschlussreich für historisch Interessierte ist der Anhang, der dritte Abschnitt dieser Ausgabe. Er dokumentiert Diskussionen, Leserbriefe und ein Gespräch mit dem Autor rund um den Inhalt des "Lagervolks". Und er zeigt, dass beide Bücher schon sehr früh - zum Teil in wöchentlichen Fortsetzungen - erschienen sind (1946/47) und dass es zwischenzeitlich zu einem Veröffentlichungsverbot kam. Für Leser mit zeitgeschichtlichem Vorwissen ein hochinteressantes Zeitdokument, ansonsten eher schwer zugänglich, jedenfalls kein Roman. Daher nur für größere Bestände zu empfehlen. *bn* Silvia Westreicher

Personen: Örkény, István Kertész, Imre Kornitzer, Laszlo