Der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin erfand die Glasharmonika: Wolfgang Schlüter schrieb dazu eine vielschichtige literarische Reise durch Europas Geistesgeschichte. (DR) Die von Benjamin Franklin erfundene Glasharmonika, für die selbst Mozart komponierte, besteht aus Glasschalen, die auf einer rotierenden Achse ineinander geschachtelt sind und mit den befeuchteten Fingerkuppen zur Schwingung gebracht werden. Der Roman des deutschen Autors und Übersetzers Wolfgang Schlüter ahmt deren Aufbau nach: Sechs Texte aus vier Jahrhunderten stecken ineinander und sind jeweils nach dem Stimmton der Gläser benannt (C, Cis, D, Es, .). Dabei wechselt auch der Klang des Erzählens von Kapitel zu Kapitel, von der studentischen Plauderei im zeitgenössischen Berlin hin zu den holprigen Reiseaufzeichnungen eines deutschen Touristen 1973 im Golf von Neapel. Schließlich dringen die Lebenserinnerungen dann tiefer ein in die Geschichte bis zum amerikanischen Politiker und Erfinder Benjamin Franklin aus dem 18. Jahrhundert. Das zerbrechliche Instrument und sein einzigartiger Klang halten die Textteile als roter Faden zusammen. Daneben konfrontiert Wolfgang Schlüter seine LeserInnen mit kulturhistorischen Ausführungen zu Musik und Malerei, zur Geschichte des Vesuvs, zu Medizin und Philosophie, vor allem aus der Zeit der Aufklärung. Der Roman besticht durch eine Fülle gut recherchierter geschichtlicher Fakten und gibt jedem der sechs fiktiven Textautoren seine eigene, authentische Sprache und Erzählperspektive. Gleichwohl machen die wechselnden Stimmen, zahllose fremdsprachige Zitate und die enzyklopädische Gelehrsamkeit des Autors die Lektüre auch für historisch interessierte LeserInnen zu einer - unzweifelhaft vergnüglichen und spannenden - Herausforderung. *bn* Wolfgang Moser

Personen: Schlüter, Wolfgang