Tolstoj, Lev N.
Kreutzersonate
Buch

Zwei Geschichten über Ehen, welche beide mit einer Katastrophe enden - aus den unterschiedlichen Perspektiven Tolstois und seiner Frau geschildert. (DR) In der "Kreutzersonate" schildert Tolstoi die Geschichte einer Ehe, deren Misslingen sich schon kurz nach der Hochzeit ankündigt. Desillusionierung, Misstrauen und unterschiedliche Auffassungen, was die Erziehung der Kinder betrifft, führen zu erbitterten Auseinandersetzungen, die das Leben des Paares schließlich zur Hölle machen. Eifersüchtig beobachtet der Ehemann, wie seine Frau, die einen Geiger bei der Hausmusik auf dem Klavier begleitet, sichtlich aufblüht. Als er verfrüht von einer Reise nach Hause kommt und den Musiker im Haus vorfindet, ersticht er seine Frau. Die zunehmende Entfremdung des Paares ist ebenso beklemmend wie psychologisch schlüssig geschildert - der Wechsel der Phasen erotischer Anziehung mit jenen der Übersättigung, des Ekels und der unterschwelligen Machtkämpfe. Tolstoi sieht im Sexus eine destruktive Fatalität, die letzten Endes ein friedliches Zusammenleben von Mann und Frau unmöglich macht. Die "Kreutzersonate" verursachte einen Skandal, hielt man doch die darin beschriebene Ehehölle für jene des Autors und seiner Frau. Tatsächlich führte das Ehepaar Tolstoi eine Ehe, die trotz großer Liebe von fürchterlichen Krisen und Kämpfen gezeichnet war. Tolstoi, nach einer Phase schwerer Depression und einer radikalen Wende zur Askese, verwarf nicht nur den Sexus, er verabscheute auch das luxuriöse Leben seiner eigenen Klasse und trat für die Abschaffung des Privateigentums ein. Die "Kreutzersonate" ist ein Pamphlet gegen die Ehe und Tolstois Ehefrau Sofja fühlte sich zu Recht beleidigt. Sie hatte ihrem Mann dreizehn Kinder geboren und war ihm eine liebevolle und ungemein tüchtige Partnerin. Ihr 1892-1893 geschriebener Roman "Eine Frage der Schuld" ist eine intelligente und stilistisch eindrucksvolle Replik. Sofja Andrejewna Tolstoj sieht sowohl in ihrer eigenen Ehe als auch in ihrem glänzenden Roman die Grobheit und mangelnde Empathie des Ehemanns als Grund für ihr Scheitern an. Die "Kreutzersonate" und "Eine Frage der Schuld", diese beiden aufeinander bezogenen und, man darf wohl auch sagen, einander ebenbürtigen Werke hat der Manesse Verlag in einem bibliophil gestalteten Band vereint - eine gute Gelegenheit, sich mit Tolstoi, seinen radikalen Ansichten über das Verhältnis der Geschlechter und mit der klugen Antwort seiner Frau auseinanderzusetzen. *bn* Ingrid Kainzner

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Personen: Tolstoj, Lev N. Radetzkaja, Olga

Tolstoj, Lev N.:
Kreutzersonate / Lew Tolstoi. Aus dem Russ. übers. von Olga Radetzkaja. - Zürich : Manesse, 2010. - 428 S.
ISBN 978-3-7175-2260-7 fest geb. : ca. ? 20,60

Zugangsnummer: 2022/1940
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Tolst - Buch