Vom fremdbestimmten Leben in Zeiten der Diktatur. (DR) Vier Lebensabschnitte einer Frau bilden den formalen Rahmen des Romans: Im ersten ist Lina die Tochter eines Paares, das in einem lateinamerikanischen Land lebt und offensichtlich als regimekritisch gilt. Im Zuge einer militärischen Nacht- und Nebelaktion werden ihre Eltern ermordet, sie wird von einem Major, der selber keine Kinder hat, als eine Art Geschenk an seine Frau mit nach Hause genommen. Dort beginnt das zweite Leben des etwa 10-jährigen Kindes. Allerdings ist die vermeintliche neue Mutter gar nicht erfreut über das Kind und die verstörte Lina wartet auf die Wiederkehr ihrer Eltern. Der Major, ein obrigkeitshöriger Befehlsempfänger, scheitert völlig mit seinem Wunsch, gewaltsam ein Familienidyll zu konstruieren, und lässt sich auf eine selbstmörderische militärische Aktion ein. Danach beginnt das dritte Leben Linas - sie wird von Regimegegnern in ein armseliges Bergdorf, das sich in den Händen der Aufständischen befindet, transportiert. Dort entdeckt sie anhand von Listen, dass sie eigentlich als tot gilt. - Mehr sei vom Inhalt nicht verraten. Was Grünberg vorlegt, ist eine beklemmende Darstellung von Gewaltherrschaft und menschlichen Deformationen von Tätern und Opfern. In der kurzen Schlusspassage, der Darstellung von Linas "letztem Leben", vermag der Roman allerdings nicht zu überzeugen. Trotzdem: Fesselnd, unbedingt lesenswert. *bn* Fritz Popp

Personen: Grünberg, Arnon Kersten, Rainer