Die Vertreibung aus Schlesien nach dem Zweiten Weltkrieg - erzählt aus dem Blickwinkel eines Achtjährigen. (DR) Im Alter von 74 Jahren veröffentlicht der pensionierte Lehrer Theodor Buhl seinen Debütroman, in dem er zwei Jahre seiner eigenen Geschichte zu einem sowohl literarisch als auch historisch bedeutsamen Buch verarbeitet hat. Es geht um die Flucht vor den heranrückenden Russen im Jahr 1945 und um die Vertreibung aus Schlesien im Jahr 1946, von der seine Familie - Vater August, Mutter Elfriede und die zwei Söhne Rudi (8) und Willy (13) - betroffen sind und die sie dank der Schläue, Umsicht und des Sachverstands des Vaters glücklich überleben. Für den Ich-Erzähler Rudi bedeutet der Aufbruch im Jänner 1945 das Ende seines Kindseins. Vom oberschlesischen Lublinitz geht es zuerst auf der Flucht vor den anrückenden Russen ins niederschlesische Plagwitz, wo die Buben vom Küchenfenster aus die endlosen Flüchtlingstrecks beobachten, bis sie selbst sich ihnen anschließen. In Dresden überleben sie glücklich die Februar-Bombardements. Mit dem Leiterwagen, vor den sich Willy spannen muss, geht es im Sommer zurück in die besetzte Heimat. August vertraut darauf, dass die Alliierten bei der noch zu erwartenden Friedenskonferenz die Schlesier nicht im Stich lassen würden, auch wenn die Region östlich von Oder und Neiße bereits unter polnischer Verwaltung steht. Lebensgefahr durch die marodierenden russischen und polnischen Soldaten, das Mitansehen von Vergewaltigungen, Hunger und schlimme Strapazen begleiten den Weg. Ein Jahr später - Vater August muss als Administrator bis zum Schluss bei der Abwicklung helfen - setzt die systematische Vertreibung aus Schlesien ein. Rudi identifiziert sich sehr stark mit den Helden aus den Karl May-Büchern und lässt die Eindrücke der neuerlichen Flucht mit seinen Indianer-Phantasien zusammenfließen. Fürwahr ein besonderes Buch - sowohl als persönliches als auch als historisches Dokument! Literarisch ist es von hoher Qualität, weil es in einer eigenständigen Sprache abgefasst ist, die das schlesische Deutsch, die kindliche Wahrnehmung und die nachträgliche erwachsene Reflexion zu einer speziellen Ausdrucksweise zusammenfügt. *bn* Maria Schmuckermair

Personen: Buhl, Theodor