Die Koffer des Herrn Spalek
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Fast ein halbes Jahrhundert lang reiste John Spalek (1928-2021) kreuz und quer durch die USA. Er besuchte Menschen, die einst aus dem deutschsprachigen Raum ins Exil in die USA kamen, sowie deren Nachfahren. Sein Ziel: die Erinnerungen der Exilierten für die Nachwelt zu retten. Dafür führte er Interviews; vor allem aber sicherte er unzählige Nachlässe. Die meisten Menschen, deren Leben er für die Nachwelt erforschbar macht, flohen aus Berlin, Wien und anderswo vor den Nationalsozialisten in die USA, weil sie Juden waren.

John Spalek übersiedelte selbst erst 1949 in die USA. Zu diesem Zeitpunkt hatte der 1928 in Warschau Geborene bereits eine veritable Odysee hinter sich. Bis 1939 hatte er mit seinen Eltern im polnischen Bialystok gelebt, wo der Vater Baptistenprediger war. Die Deutsche Nationalbibliothek berichtet in einem Nachruf: "Nach dem Hitler-Stalin-Pakt wurde die Familie aufgrund der deutschen Herkunft der Mutter nach Sachsen umgesiedelt, zog von dort aber weiter nach Łódź. Nach dem Tod des Vaters flohen Mutter und Sohn 1944 nach Deutschland und siedelten sich in Gummersbach [im Oberbergischen Land / NRW] an, wo John Spalek eine Tischlerlehre begann. Noch bei einem Besuch in seinem Haus in Albany im Jahr 2011 wies John M. Spalek nicht ohne Stolz darauf hin, dass er seine Küche selbst gefertigt hatte." Als seine Mutter starb, hielt es ihn nicht in Deutschland. In den USA schlug er sich zunächst als Holzfäller, Gelegenheitsarbeiter und Zimmermann durch, ehe er studierte und schließlich Germanist wurde.

Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten für diesen Film war John Spalek 83 Jahre alt; viele der Menschen, die er da besucht, sind in einem ähnlichen Alter oder noch älter als er selbst: Da ist Lilly Zimet (1919-2021), Witwe eines Rabbis. Als John Spalek sie trifft, ist sie 91 Jahre alt. Oder in Berlin geborene Geologie-Professor Wolf Elston (1928-2016), der als Kind assimilierter jüdischer Eltern noch die Reichsprogramnacht in Deutschland erlebte und ohne seine Eltern nach England floh, bevor er in die USA kam. Oft sind es auch Witwen oder Kinder von Exilierten, die dem charmanten und unprätentiösen John Spalek die Tür öffnen.

Unzählige wertvolle Dokumente deutschsprachiger Exilanten in den USA wären ohne John Spaleks hartnäckige Sammlerarbeit für immer verloren gegangen. Zu seinem Lebenswerk gehören auch eine Biografie über Ernst Toller sowie ein Standardwerk über deutschsprachige Exilliteratur in den USA. Eigentlich, findet die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, sind Sammler sie John Spalek Zukunftsarbeiter. Sie wissen: Was sie dem Verschwinden entreißen, "das wird noch einmal sehr wichtig sein. Wir müssen es erhalten."


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Schlagwörter: Gesellschaft Historie Biografie Dokus

Die Koffer des Herrn Spalek
Montage: Barbara Toennieshen; Drehbuch: Gregor Eppinger; Regie: Gregor Eppinger; Protagonist: Aleida Assmann, John Spalek; Produktion: Reiner Krausz; Stimme: Hanna Schygulla; Kamera: Alicja Pahl
Deutschland 2012; Ab 6 Jahren; Sprachfassung: Deutsch. Untertitel: Englisch; 1 Online-Ressource (73 min); Bild: 16:9 HD

Zugangsnummer: 6A77F5A7B432
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