Raffiniert konstruierte Erzählung von Fremdheit und Nähe, Eroberung und Diebstahl. (DR) "Ich öffnete die Tür und sah sie an, sie war fremd und ich verliebte mich in sie." - Eine dreifach gebrochene, raffiniert konstruierte Geschichte von Fremdheit und Nähe, von Eroberung und Diebstahl legt Michael Köhlmeier mit dieser - inzwischen die Bestseller-Listen stürmenden - Erzählung vor. Der, der dem Erzähler erzählt, ist ein geheimnisvoller Fremder und Spaßmacher in einem. Das, was erzählt wird, ist eigentlich eine prototypische Liebesgeschichte aus männlicher Sicht: Zufälle führen einen Mann in eine fremde Wohnung, die er einige Zeit lang - scheinbar unbemerkt von der Eigentümerin - bewohnt. Sein durch keinerlei Unrechtsbewußtsein gebremstes Eindringen in die Intimsphäre einer Fremden - vor sich selbst gerechtfertigt durch Verliebtheit - sein Voyeurismus, sein Konquistadorenblick auf Menschen und Dinge, seine Respektlosigkeit, seine konsequente Mißachtung der weiblichen Forderung nach einem "Zimmer allein" werden von Köhlmeier mit einer Eindringlichkeit nacherzählt, die in der Leserin Übelkeit hervorruft. Von einer männlichen Liebe, die kein reales Objekt braucht, die umso stärker ist, je mehr sie sich an der eigenen Phantasie entzündet, die sich ein Bild macht, die die Frau als Objekt sieht, die alles von der Geliebten wissen will, wird hier außerdem erzählt. - Köhlmeiers musikalischer Sprachgebrauch, sein von Bedeutungsschwere getragener Stil, werden immer wieder durch die konterkarierende Ironie der Spaßmacherfigur vor dem Abgleiten in die Banalität gerettet. Empfehlenswert.

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Personen: Köhlmeier, Michael

Schlagwörter: Österreichische Literatur