Ein Mann findet durch Zufall das Tagebuch einer jungen Frau und verliebt sich daraufhin in sie. (DR) Guylain Vignolles arbeitet bei STAR, einer Firma, die Altpapier (hauptsächlich Bücher) recyclet. Jeden Tag im Zug um 06.23 Uhr zu seiner ihm verhassten Arbeitsstätte lehnt er sich gegen diesen "kulturellen Massenmord" auf und liest seinen Mitreisenden einige von ihm am Tag zuvor gerettete Buchseiten vor. Wie gut, dass Guylain neben seinen Kollegen, die ihren Job in der Papier-Verwertungsfabrik im Gegensatz zu ihm lieben, noch andere Menschen um sich hat, die das geschriebene Wort hochschätzen. Da wäre Yvon, der mit Inbrunst antike Dichter in seinem Pförtnerhäuschen rezitiert, Giuseppe, der alle Exemplare eines 2002 gedruckten Pflanzenratgebers sammelt und sie wie Kinder umsorgt, die Schwestern Monique und Josette, die Guylain eines Tages im Zug ansprechen, ob er ihnen nicht privat vorlesen möchte, und schließlich Julie, Klofrau in einem Pariser Einkaufszentrum, deren Tagebuch Guylain eines Tages auf einem USB-Stick im Zug findet und zu lesen beginnt. Völlig ergriffen von der poetischen und humorvollen Klarheit, mit der Julie ihren Alltag schildert, dreht sich fortan alles in Guylains Leben nur mehr darum, diese Frau zu treffen. Die Geschichte um den kauzigen jungen Mann ist sehr liebevoll gestaltet. Schön ist die Eingliederung der von Guylain vorgetragenen Buchfragmente, den Geschichten in der Geschichte: Diese unterscheiden sich optisch von der eigentlichen Geschichte. Somit kommen auch die LeserInnen in deren Genuss. Ein wunderschönes, poetisches Buch über die Schönheit und Kostbarkeit des geschriebenen Wortes und somit ein Muss für alle Bücherfreunde.

---

Personen: Didierlaurent, Jean-Paul Finck, Sonja