Kipling, Rudyard
Die Dschungelbücher
Buch

Von jenem "Dschungelbuch", das der spätere Literaturnobelpreisträger Rudyard Kipling 1894 erstmals veröffentlicht und ein Jahr danach sogar zu "Dschungelbüchern" erweitert hat, bleibt im Rezeptionszusammenhang der Kinderbuch-Klassiker im besten Fall ein "wildes" Kind, das sich in seiner Suche nach Zugehörigkeit in guter Gesellschaft mit anderen ebenso autonomen wie einsamen Kind-Figuren wiederfindet; im schlechtesten Fall jedoch bleibt ein fröhlich vor Palmenhausbewuchs swingendes Dschungelkind, das sich mit viel filmischem Charme den "bare necessities of life" widmet. Der restliche - weit umfassendere Kosmos - von Kiplings Wildnis, die längst nicht nur den Dschungel umfasst, geht dabei in all seiner Rauheit, Schönheit und wohl auch literarischen Widerspenstigkeit verloren. Insbesondere im deutschen Sprachraum, wo erst seit 1987 eine Übersetzung vorliegt, die LeserInnen nicht um das Original betrügt. Wolf Harranth findet für die Ausgabe in der Kinderbuch-Klassiker-Reihe bei Dressler einen Weg, Kiplings kreatürliche Sprache perfekt zu übertragen und dabei auch dem Sprachrhythmus der lyrischen Passagen zu folgen. (Welches Kopfzerbrechen "Der arme Mo(w)gli und der/die/das Dschungel" einem Übersetzer machen können, hält Wolf Harranth im selben Jahr in einem Beitrag in 1000 und 1 Buch fest.) Beginnend mit 1989 legt Gisbert Haefs dann seine neu übersetzte Kipling-Werkausgabe im Haffmanns-Verlag vor. Unter den viel beachteten ersten fünf Bänden die beiden "Dschungelbücher", die nun auch in unterschiedlichen kinderliterarischen Ausgaben die Textgrundlage bilden. Zum Beispiel im großformatigen Band "Mowglis Brüder", in dem die Illustrationen des britischen Linol- und Holzschnittkünstlers Christopher Wormell erstmals im deutschen Sprachraum für eine bildliche Annäherung an die Mowgli-Geschichte sorgt, die weder von der Ästhetik des Disney-Films, noch von kolonialistischer Ikonografie, noch von zoologischer Überwucherung bestimmt wird. In deutscher Sprache überzeugende Gesamtausgabe und eigenständige künstlerische Annäherung in einem sind bisher nicht zu finden gewesen. Bisher! Denn mit dieser schwergewichtigen Ausgabe legt Martin Baltscheit eine künstlerische Auseinandersetzung mit den "Dschungelbüchern" vor, die völlig neue Bild-Wege beschreitet und damit eine ebenso unverstellte wie faszinierende Neuentdeckung des Klassikers ermöglicht. Kipling verwendet den Dschungel nicht nur als Handlungsort sondern auch als Metapher für eine in sich verschlungene und doch klaren, strengen Gesetzmäßigkeiten folgende Welt. Martin Baltscheit greift diese Metaphorik auf und arbeitet aus dem Rot und Schwarz, die er als einzige Farben verwendet, scharfkantige (Tier-)Figuren heraus. Der Intensität und Eindringlichkeit dieser Bilder, deren dunkle "Kühnheit und Wildheit" immer wieder ironisch durchbrochen wird, steht eine leichtfüßige grafische Textgestaltung gegenüber, die den erzählenden Gestus der Geschichtensammlung mit Hilfe auch hier klug platzierter Zweifarbigkeit unterstreicht. "Gutes Jagen allen!" *ag* Heidi Lexe

Altersempfehlung: ab 11 Jahren.


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Personen: Kipling, Rudyard

Kipli

Kipling, Rudyard:
¬Die¬ Dschungelbücher / Rudyard Kipling. Übers. Gabriele Haefs. Ill. Martin Baltscheit. - Köln : Boje-Verl., 2008. - 448 S. : zahlr. Ill. - Aus dem Engl. übers.
ISBN 978-3-414-82166-9 Halbleinen in Schuber : Eur 41,10

Zugangsnummer: 2014/1120 - Barcode: 00002736
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